BFV-Pokal
Saison 2019/20, 6. Runde

Samstag 15.08.2020, 18:00 Uhr
ASC Neuenheim - SV Waldhof Mannheim 0:3 (0:1)

David packt gegen Goliath die Schleuder aus:

Bis zur Pause kein Klassenunterschied zwischen dem Siebtligisten ASC Neuenheim und dem Drittligisten SV Waldhof Mannheim!
Doppelschlag zum 0:3-Endstand katapultiert das Glöckner-Team ins Finale des bfv-ROTHAUS-Pokals am Samstag gegen FC Nöttingen!

Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland und mehrjähriges ASC-Mitglied, hatte im RNZ-Gespräch mit der für ihn typischen Zuversicht auf einen 3:2-Sieg getippt. Um im biblischen Bild zu bleiben: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass der Siebtligist gegen den Drittligisten ins finale Himmelreich einzieht. Doch der David machte gegen den Goliath das Nadelöhr ziemlich groß und hielt die Partie bis zum Pausenpfiff völlig offen.


Dominik Sandritter klärt (Foto: vaf)

Vor über 300 (nicht zahlenden) Zuschauern und den Kamera-Augen von Waldhof Livestream, Rhein-Neckar-Fernsehen (RNF) sowie Bildbrauerei Videoproduktion und den kritischen Verbands-Augen von bfv-Präsident & DFB-Vize Ronny Zimmermann und Fußballkreis-Boss Johannes Kolmer wären die "Herz-Buwe" um ein Haar schon unmittelbar dem Anpfiff des exzellenten Schiedsrichters Lukas Heim (Wiesenthal) in Führung gegangen. Der abartig schnelle Flügelflitzer Marcel Costly flankt von der rechten Außenbahn in den Strafraum. Der Klärungs-Kopfball von ASC-Verteidiger Arik Edelmann landet am Lattenkreuz (1.). Doch der SVW-Blitzstart entpuppt sich als blauschwarzes Strohfeuer.

Schönster Angriff im ersten Durchgang durch Neuenheim!

Angeführt vom überragenden Abwehrorganisator Dominik Räder, lässt die kompakte Neuenheimer Defensive nichts zu wünschen übrig und verhindert mit permanentem Anlaufen und konsequentem Pressing einen konstruktiven Waldhofer Spielaufbau und zwingende Offensivaktionen. Je länger die Partie dauert, desto ausgeglichener wird das Geschehen auf dem naturbewässerten Kunstrasenplatz. Den schönsten Angriff der ersten Halbzeit inszeniert der Außenseiter. Nach einem riskanten, aber gelungenen Dribbling passt ASC-Sechser Medin Dokara auf Stürmer Marcus Meyer, der auf den rechten Flügel durchsteckt. Außenverteidiger Arik Edelmann flankt scharf in den Strafraum. ASC-Angreífer Levin Sandmann spritzt in die Hereingabe und schießt knapp am langen Pfosten vorbei (15.). Die Führung für den Underdog wäre zu diesem Zeitpunkt nicht unverdient!

Von einem Vierklassen-Unterschied ist auch weiterhin nichts zu sehen. Die SVW-Abteilung Attacke? Von der ASC-Defensive in die Quarantäne verbannt! Der am Ball so brillante Kreativchef Ariani Ferati? Fällt hauptsächlich durch Fehlpässe in die Leere des Raumes auf. "Mannheim24" notiert in seinem Liveticker in Minute 20: "Der ASC lässt die SVW-Offensive noch überhaupt nicht zur Entfaltung kommen." Wenn der vom taktischen Neuenheimer Geschick sichtlich beeindruckte Gast mal in den Strafraum eindringt, ist ASC-Torhüter Dominik Sandritter entschlossen zur Stelle. So auch in der 35. Minute, als der französische Edeltechniker Mohamed Gouaida, einer der aktivsten Blauschwarzen, Shala Andis bedient. Sandritter klaut ihm den Ball - shalala lala - reaktionsschnell vom einschussbereiten Fuß.

Waldhof braucht ein Eigentor für die glückliche Halbzeitführung in der Nachspielzeit!

Dass die Mannschaft von SVW-Coach Patrick Glöckner für den ersten wirklich gefährlichen Abschluss ein Eigentor in der Nachspielzeit benötigt, um mit einer dünnen Führung in die Pause zu gehen, ist symptomatisch für den bisherigen, überraschend ausgeglichenen Spielverlauf. In seiner besten und letzten Szene flankt SVW-Zehner Arianit Ferati in den Strafraum. Der ansonsten bärenstarke Innenverteidiger Famara Sanyang will bzw. muss in höchster Not retten - und grätscht den Ball im Fallen sogar für einen Teufelskerl wie Dominik Sandritter unhaltbar über die eigene Torlinie (45. + 2). Sekunden später pfeift der das faire Spiel jederzeit ruhig im Griff habende Schiedsrichter Lukas Heim zur Pause.

Der neue SVW-Trainer Patrick Glöckner hat mit seinen Einwechslungen zur zweiten Halbzeit ein gutes Händchen. Alle drei Neuen - Max Christiansen, Rafael Garcia und Onur Ünlüficifci - sind an den partie-entscheidenden Waldhof-Treffern direkt beteiligt. 50. Minute: Rafael Garcia schickt Anton-Leander Donkor auf die Turboreise, der flach in den Strafraum flankt. Max Christiansen, den man eigentlich in der Startelf erwartet hat, passt auf Mohamed Gouida. "Mister Überall" fackelt nicht lange und trifft aus der Drehung in den oberen Winkel. Aus Neuenheimer Sicht bitter ist die Entstehung dieses Tores: Es resultiert aus einem brutal professionellen Highspeed-Konter nach einem ASC- Freistoß von Alexander Kerber aus etwa 30 Metern Distanz zum SVW-Tor.

Die entscheidenden Waldhof-Spieler kommen von der Bank!ASC-Trainer Uli Brecht später im TV-Interview: "Dieses 0:2 hat uns den Stecker aus der Dose gezogen." Bereits elf Minuten später der ultimative Lockdown für den bis dahin so wehrhaften Landesligisten. Der rechte SVW-Flügelflitzer Marcel Costly legt elegant für den eingewechselten Angreifer Onur Ünlücifci auf, der entspannt zum 0:3-Endstand einloggt (63.).

ASC-Trainer Uli Brecht: "Das 0:2 hat uns den Stecker gezogen!"

Doch auch nach dem schier aussichtslosen Rückstand gibt sich Neuenheim nicht geschlagen. In der 80. Minute schnappt der eingewechselte Power-Youngster Dorian Weis Mare sich einen schlampigen Rückpass von Anton-Leander Donkor und schießt ganz knapp am keineswegs arbeitslosen SVW-Keeper Jan-Christoph Bartels und dem langen Pfosten vorbei.

Nach dem Abpfiff gratuliert ASC-Trainer Uli Brecht (RNZ: "Die Jungs haben das sehr gut gemacht") seinem ziemlich erleichterten Kollegen Patrick Glöckner zum verdienten, wenn auch schmucklosen Einzug ins Finale des bfv-ROTHAUS-Pokals. Am nächsten Samstag, dem 22. August (Anpfiff: 16.45 Uhr), möchte sich der erneut favorisierte Drittligist im Hoffenheimer Dietmar-Hopp-Stadion gegen den unbequemen Oberligisten FC Nöttingen das Ticket für das große badische Duell gegen den Bundesligisten SC Freiburg in der ersten Runde des lukrativen DFB- Pokals sichern.

Am Wochenende im bfv-Pokal-Achtelfinale 2020/21 das nächste Highlight gegen den Verbandsligisten VfR Mannheim!

Für die viel beschäftigten Anatomen um Kapitän David Kiefer heißt es nach dem ebenso späten wie ehrenvollen Ausscheiden aus dem bfv-Pokal 2019/20: Auf ein Neues! Der ASC Neuenheim hat sich durch zwei Siege beim Landesliga-Rivalen SG Horrenberg (1:0) und gegen den Odenwälder Landesligisten FC Grünsfeld (4:1) bereits für das Achtelfinale des bfv-ROTHAUS-Pokals der neuen Saison 2020/1 qualifiziert.

Am 23. August bekommt es die Mannschaft von Uli Brecht auf dem einheimischen Fußballcampus mit dem zweiten Mannheimer Traditionsclub zu tun. Das Verbandsliga-Topteam des VfR Mannheim gewann das Drittrunden-Duell bei den Klassenkameraden von der TSG Weinheim überraschend deutlich mit 4:1. Mit diesem namhaffen Gegner hat der ASC Neuenheim schon am nächsten Wochenende ein weiteres Highlight vor der breiten Brust!

Joseph Weisbrod

Kein Spaziergang

Der SV Waldhof müht sich beim ASC Neuenheim zu einem 3:0 und steht im Finale um den badischen Fußball-Pokal


Zugepackt: Neuenheims Torhüter Dominik Sandritter schnappt sich vor Andis Shala (Nummer 20) den Ball. Foto: vaf

Von Daniel Hund

Heidelberg. Eins, zwei, drei, gute Laune! Jesper Verlaat, 24, der Grinse- Mann des SV Waldhof, hatte die am Samstag mal wieder. Der Abwehr-Haudegen vom Alsenweg war so gut drauf, dass er sogar noch einen Gassenhauer auspackte, als er seine Kollegen am Mittelkreis abklatschte: Er schmetterte ein lang gezogenes "Finale, oh-oh, Finale, oh-oh-oh-oh" in den Heidelberger Abendhimmel. Der 3:0 (1:0)-Sieg der Waldhof-Buben im Halbfinale des badischen Fußball-Pokals beim ASC Neuenheim war da gerade ein paar Sekunden alt.

Die Freude war groß, die Erleichterung aber auch. Denn aus dem erhofften Spaziergang wurde ein Hindernislauf: Landesliga gegen Dritte Liga, Feierabend-Kicker gegen Profis – 45 Minuten lang war davon nichts zu spüren. Neuenheim hielt dagegen, machte die Räume eng, nervte den großen Nachbarn sichtlich. Bis, ja bis, Arianit Ferati, Waldhofs kleiner Wirbelwind, die Faxen dicke hatte, im strömendem Regen einfach mal in den Strafraum flankte und ASC-Unglücksrabe Famara Sanyang den Ball ins eigene Tor grätschte.

Ein Treffer zur Unzeit, in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit. Uli Brecht lag er noch eine Weile im Magen: "Wenn wir es da noch mit einem 0:0 in die Pause geschafft hätten…", grübelte Neuenheims Trainer. Enttäuscht war er, aber zufrieden und natürlich stolz: "Die Jungs haben das sehr gut gemacht. Wir haben vor dem Spiel an unsere Chance geglaubt und das dann auch auf dem Platz gezeigt."

Gezeigt hat sich auch ein Waldhöfer Trio. Nach der Halbzeit kamen Max Christiansen, Rafael Garcia und Onur Ünlücifci. Und mit ihnen Kontrolle, Tempo und Ordnung. Plötzlich war’s ein Feuerwerk, das die Blau-Schwarzen abbrannten.

Der Ball lief, die Angriffe rollten und das zweite Tor fiel: Der pfeilschnelle Anton Donkor zu Christiansen, der legte auf Mohamed Gouaida ab – und drin war das Ding (51.). Oben im linken Neuenheimer Winkel schlug es ein. "Da", lobte SVW-Trainer Patrick Glöckner, "da sind wir mal hinter die Kette gekommen, das war gut."

Vorher war vieles eher schlecht. Das sah man auch an Glöckner: Die Hände in die Hüfte gepresst, der Kopf gesenkt. Hinschauen fiel als Waldhöfer manchmal schwer. Aber draufhauen? Nicht mit Glöckner, der hat Verständnis, sagt: "Wir sind eben noch weit davon entfernt, eingespielt zu sein. Jeder braucht Spielzeit. Höhen und Tiefen sind da ganz normal."

Am Samstag sollten es mehr Höhen sein – oder es könnte den ersten Dämpfer geben. Dann steigt das Finale, das Alles-oder-Nichts-Spiel um den Einzug in den DFB- Pokal. Nöttingen gegen Waldhof.

Nöttingen, da war doch was? Da war sogar schon richtig viel. Schmerzliche Niederlagen für den SV Waldhof. Tiefschläge, die jeder Waldhof-Fan am liebsten aus seinem Gedächtnis verbannen würde. Egal, man lebt im Hier und Jetzt und am Samstag, ab 16.45 Uhr, soll im Dietmar-Hopp-Stadion ein blau-schwarzer Feiertag her.

Ein Selbstläufer ist nicht zu erwarten, nicht gegen einen Oberligisten. Dazu ist das Waldhof-Gebilde noch zu instabil. Glöckner weiß das, sieht die Sache aber trotzdem anders. Entspannter: "Gegen höherklassige Gegner, die mitspielen, tut man sich oft leichter."

Auf einen kann er sich sicher wieder verlassen: Jesper Verlaat. Der war gefühlt schon am Samstagabend im Final-Tunnel. Ob da denn nun ein besonderes Spiel warten würde, fragte ihn die RNZ. Seine Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: "Na klar, das ist ein absolutes Highlight. Ich freue mich sehr auf dieses Spiel."

Beim Waldhof ist er längst angekommen, die Kennenlernphase abgeschlossen, der Alltag eingekehrt. Vor ein paar Wochen, kurz nach der Unterschrift, war er Feuer und Flamme. Schwärmte regelrecht von seinem neuen Arbeitgeber. Und jetzt? Mit ein paar Tagen Abstand? Der Ex-Sandhäuser: "Es war genau die richtige Entscheidung. Tolle Stimmung, toller Teamgeist, tolles Ambiente."

Und mit Fans, die genauso gerne singen wie er. Ein paar waren auch in Neuenheim dabei. Verlaats Final-Song war bei ihnen aber nicht ganz so gefragt. Sie waren gedanklich schon zwei, drei Spielzeiten weiter, lachten und sangen immer wieder vom Europapokal. Ebenfalls ganz oben in der Fan-Hitparade: "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin".

Eins, zwei, drei, gute Laune!

Ergebnisse der Halbfinale

ASC Neuenheim: Dominik Sandritter, Medin Dokara, David Kiefer, Arik Edelmann, Dominik Räder, Stefan Berger (77. Dorian Weiß Mare), Levin Sandmann (87. Tim Czwielung), Philipp Knorn (62. Lucas Ring), Famara Sanyang, Marcus Meyer, Alexander Kerber - Malte Baumann, David Piazolo, Oliver Kubis, Sven Goos (ETW) - Trainer: Ulrich Brecht

SV Waldhof Mannheim: J. Bartels, Jesper Verlaat (77. Jan Christoph Just), Marcel Seegert, Marco Schuster, Arianit Ferati (46. Max Christiansen), Dominik Martinovic (46. Onur Ünlücifci), Marcel Costly, Mohamed Gouaida, A. Donkor, Andis Shala, Hamza Saghiri (46. Rafael Garcia) - Markus Scholz (ETW), E. Kouadio, Benedict Dos Santos, Marcel Hofrath - Trainer: Patrick Glöckner

Tore:

1 Karte für ASC Neuenheim:

Schiedsrichter: Lukas Heim (Waghäusel)

Zuschauer: 300

Berichte zum BFV-Halbfinale