Vor fast genau einem Jahr mussten die dunkelblauen Aufstiegs-Shirts nach der bitteren 0:1-Niederlage gegen den SV Langensteinbach noch im Karton bleiben. Nach dem Neuenheimer 1:0-Sieg an Fronleichnam gegen den mittelbadischen Landesliga-Vizemeister FC 1922 Östringen gab es für den Anatomie-Sport-Club keine Fron, sondern nur pure Jubelstimmug im idyllischen Nußlocher Max-Berk-Stadion.
Erstmals in seiner 45jährigen Vereinsgeschichte steigt der alte und neue Vizemeister der Landesliga Rhein-Neckar in die höchste badische Fußballklasse auf. Vor der Rekordkulisse von ca. 1.200 Zuschauern stehen bzw. hüpfen die im vollen Fanbus angereisten, überwiegend jungen ASC-Fans wie eine gelbe Wand hinter ihrer Mannschaft.
Nach der Anfangs-Viertelstunde, in der Östringen vor allem über ihren Besten Mirco Born (echter Zehner!), auf die mittelbadische Tube drückt, ohne ASC-Keeper Steven Ullrich den Angstschweiß auf die Stirn zu treiben, hat die Mannschaft von ASC-Trainer Marcel Hofbauer die ersten beiden Torchancen. Nach einer Ecke von Tarek Aliane steigt der auch in seinem letzten ASC-Spiel alles für das Team gebende Kapitän Levin Sandmann hoch. Sein Kopfball-Aufsetzer schlägt um Haaresbreite neben dem Pfosten auf (16.).
Noch knapper am Führungstreffer vorbei schrammt Neuenheim vier Minuten später. Der erneut brillierende Abwehrchef Dominik Räder adressiert einen scharfen Freistoß über gut 60 Meter exakt auf den Kopf von Dennis Schnepf. Der bescheidene Hannoveraner hätte seinen insgesamt 27 Saisontreffern, davon 19 in der Kreisliga-Hinrunde, fast ein weiteres hinzugefügt. Doch FCÖ-Torwart Mike Haberkorn kann dessen raffinierten Hinterkopfball ŕ la Uwe Seeler gerade noch über die Latte schnellen (20.).
Pech für ASC-Außenverteidiger Philipp Knorn, dass er schon nach einer halben Stunde verletzt ausscheiden muss. Für das Neuenheimer Eigengewächs kommt der 20jährge Nick Rossbach, der seinen Job ebenfalls bestens erledigt. Bis zum Halbzeitpfiff der klar und umsichtig leitenden Oberliga-Schiedsrichterin Sonja Reßler aus Mannheim halten sich die Torchancen der beiden Vizemeister so ziemlich die Waage.
Der ansonsten an die ASC-Kette gelegte FCÖ-Topgunner Alexander Zimmermann (29 Ligatreffer) scheitert mit seinem Schuss am blitzschnell reagierenden ASC-Zerberus Steven Ullrich (42.). Die diskutierfreudigen Zuschauer sind sich in der viertelstündigen Sommer-Pause einig, dass das ausgeglichene Entscheidungsspiel das erwartete sehenswerte Niveau hat.
Die vorherrschende Meinung, dass die enge Partie gewinnt, wer das erste Tor schießt, sollte sich im zweiten Durchgang bewahrheiten. Dass die Anatomen jedoch so früh in Führung gehen, überrascht dann doch. Der nach der Pause immer stärker werdende Offensiv-Feingeist Tarek Aliane dribbelt sich sich auf dem linken Flügel durch und zieht aus schrägem Winkel plötzlich ab. FCÖ-Keeper Mike Haberkorn wehrt den Ball unglücklich vor die Füße von ASC-Goalgetter Kajally Njie ab. Dessen Nahchuss grätscht Abwehrchef Patrick Göbel zwar ab. Aber vom Neuenheimer Achter prallt der Ball dann über die Linie (50.). Ein Billardtor.
Die Mannschaft von FCÖ-Trainer Mirko Schneider bemüht sich nach Kräften vor allem mit Langhölzern auf die Sturmspitzen um den Ausgleich. In biblischen Worten: Der Wille zum Tor ist stark, aber das Offensiv-Fleisch ist zu schwach. Bis auf den einen oder anderen Distanzschuss, u. a. von Mohammed R. S. (60.), hat die ASC-Defensive, unterstützt von der Doppelsechs Levin Sandmann und Marc Berger, der den muskelverletzten Linus Held erneut überzeugend vertritt, die sonst so gefürchtete FCÖ-Offensive um den ehemaligen Oberliga-Stürmer Alexander Zimmermann völlig unter Kontrolle.
Arek Aliane und Dennis Schnepf (79./85./87.) hätten den gelben Neuenheimer Sack mit dem zweiten oder gar dritten ASC-Tor zumachen können. Als die von ihren Mannheimer Kollegen Marvin Hoffmann und Johannes Oeldorf assistierte Schiedsrichterin Sonja Reßler das gutklassige Finale nach 96 spannenden Minuten abpfeift, wird die gelbe Neuenheimer Wand höchst mobil und stürmen den Nußlocher Rasenplatz.
Die ASC-Fans haben einen großen Anteil daran, dass der Anatomie-Sport-Club Neuenheim 1978 e. V. zum ersten Mal in seiner 45jährigen Vereinsgeschichte den elften Sieg in Folge und damit den Aufstieg in die Verbandsliga Nordbaden feiern konnte! Und wie!
Beim anschließenden Pasta-Buffet auf der Sonnenterrasse des FV-Restaurants bedankt ASC-Präsident und Mitgründer Dr. Werner Rupp sich bei der Mannschaft für die überragende Saisonleistung. Vizekapitän Lucas Ring freut sich mit seinen Teamkollegen über die Unterstützung durch den Vorstand (inklusive Sonderprämie für die Mannschaftskasse) und den gesamten Verein. Anerkennende, bewegende Worte findet der Führungsspieler besonders für Kapitän Levin Sandmann, aber auch Arik Edelmann und Tom Matthias die den Verein leider verlassen werden.
Mit Anführer Levin Sandmann, der auch in seinem 100. und (vorerst) letzten ASC-Match mit beispielhaftem Einsatz voranging, und dem lange verletzten Turbo-Außenbahner Arik Edelmann (beide wechseln zum 1. FC Bruchsal) wird es ein frohes Wiedersehen in der bfv-Verbandsliga geben. Tom Matthias will künftig für den Landesligisten Spvgg 06 Ketsch auf Torejagd gehen.
Der Mannschaftsbus bebte auf der feucht-fröhlichen Heimfahrt zum Fußballcampus - meist zum Wohlwollen von Fahrer Peter, dem die Insassen wie schon seinem Kollegen André bei der fröhlichen Fahrt nach Fahrenbach, ein Extra-Lob gebührt. Vom heimische Fußballcampus zog es die wilde Neuenheimer "Big Band" ins Mannheimer Nachtleben.
Last but not least geht ein dickes Kompliment und herzliches Dankeschön an den Gastgeber FV Nußloch, der für eine vorzügliche Organisation, Teambetreuung und das leibliche Wohl sorgte. Wie sagte OK-Chef Stephan Anweiler der RNZ (siehe Post): "Es war ein toller Tag!" Dem ist nichts hinzuzufügen!
Joseph Weisbrod
20. Minute: Abwehrchef Dominik Räder adressiert einen scharfen Freistoß in den FCÖ-Strafraum und
findet das Ober-Haupt von ASC-Stürmer Dennis Schnepf. Dessen raffinierten Hinterkopfball ŕ la
Uwe Seeler (beim 3:2 gegen England 1970 in Mexiko) kann FCÖ-Torhüter Mike Haberkorn
gerade noch bravourös über die Latte lenken.
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50. Minute: Gleich mit dem ersten gefährlichen Angriff nach den Wiederanpfiff der umsichtigen Oberliga-Schiedsrichtern
Sonja Reßler geht der ASC Neuenheim in Führung. Der im zweiten Durchgang auftrumpfende Offensiv-Feingeist
Tarek Aliane dribbelt sich auf dem linken Flügel durch und zieht aus schrägem Winkel ab.
FCÖ-Keeper Mike Haberkorn kann den tückischen Ball nicht festhalten. ASC-Goalgetter Kajally Njie
(jetzt 19 Saisontreffer) hat den Braten gerochen und schießt im unfreiwilligen "Doppelpass" mit
FCÖ-Abwehrboss Patrick Göbel das Tor des Feiertages zum Aufstieg in die Verbandsliga!
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Highlights: ASC Neuenheim steigt in die Verbandsliga auf, von Woodles Waldhof auf YouTube
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Mehr Fotos und Videos vom Aufstiegsspiel findet ihr hier: ASC Neuenheim - FC Östringen
Von Wolfgang Brück
Nußloch. Es gibt ihn doch! Den Fußballgott. Denn falls eine höhere Macht existiert, durfte der ASC Neuenheim, bei dem der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Heinrich Bedford-Strohm kickte, gestern nicht scheitern.
Vor einem Jahr verloren die Neuenheimer das Relegationsendspiel gegen Langensteinbach mit 0:1. In dieser Saison lagen sie im März – nach dem 1:2 beim späteren Meister Bammental durch zwei Tore in der Schlussphase – acht Punkte hinter dem zweiten Aufstiegsplatz.
An Fronleichnam wurde die Standfestigkeit belohnt. Vor der Rekordkulisse von 1171 Zuschauern in Nußloch besiegte der Vizemeister der Landesliga Rhein-Neckar den FC Östringen mit 1:0. Kajally Njie erzielte das Tor des Tages (50.) gegen den Zweiten aus Mittelbaden.
Es war ein Freudenfest in Blau und Gelb, das schon bei der Abfahrt des Mannschaftsbusse vom FußballCampus begonnen hatte. Die Fans zündeten ein Feuerwerk in den Vereinsfarben, bildeten später im Max-Berk-Stadion eine "Gelbe Wand", die ein ganz klein bisschen an das unerreichte Vorbild im Signal Iduna Park in Dortmund erinnerte.
Mehr als 600 waren aus dem feinen Heidelberger Stadtteil gekommen. Sie widerlegen das Vorurteil, dass die Stadt der Wissenschaft und Künste kein Fußball-Standort sei. Seit der FußballCampus eröffnet wurde, stieg beim Anatomie-Sportclub die Zahl der Mitglieder und Mannschaften, das Erreichen der sechst höchsten Klasse in Deutschland wird die Begeisterung weiter befeuern.
Schiedsrichterin Sonja Reßler aus Mannheim, die auch in der Oberliga pfeift, leitete unaufgeregt ein Spiel auf Verbandsliga-Niveau. Neuenheim hatte die etwas besseren Chancen – zum Beispiel durch einen Kopfball von Dennis Schnepf – mit dem Hinterkopf in Uwe Seeler-Manier. Der Führungstreffer kurz nach der Halbzeit, den der Deutsch-Algerier Tarek Alena einleitete, war die halbe Miete.
Denn gegen Neuenheim ein zu Tor zu schießen, ist ganz schwer. Der Odenwald-Vize FV Lauda mit seinen 123 Saisontreffern schaffte es nicht, verlor das Halbfinale am Sonntag in Fahrenbach mit 0:3. Auch Östringen, das mit der Empfehlung von 93 Saisontoren und dem Ex-Sandhäuser und Walldorfer Mirco Born nach Nußloch kam, konnte Torwart Steven Ulrich und seine Vorderleute nicht überwinden.
Das 1:0 im Finale war der elfte Sieg hintereinander. Der Aufstieg kam passend zum 45-jährigen Bestehen. Sportarten übergreifend freuten sich der frühere Weltranglistenspieler im Tennis Michael Kupferschmid und der langjährige Boss des zwölfmaligen Deutschen Rugby-Meisters SC Neuenheim, Rama Aithal. Konkurrenz sieht er nicht, nur Freundschaft. Ramas 19-jährige Tochter Chiara, das Patenkind des ehemaligen RNZ-Sportredakteurs Claus-Peter Bach, ist mit dem ASC-Fußballer Jonas Gimber zusammen.
Die Überzeugung ist groß, in der Verbandsliga bestehen zu können. Mit den Heddesheimern Fabian Lorenz, Ilias Soultani und Yanick Haag kommt ein Trio mit Verbandsliga-Erfahrung. Schade: Arik Edelmann und Levin Sandmann, ein Leistungsträger, hatten es eilig aufzusteigen. Sie wechselten nach Bruchsal.
Auch die Gastgeber hatten ihren Anteil am Fußballfest. Steffen Petri, Bernd Bechtel und Stephan Anweiler vom FV Nußloch konnten sich ebenso wenig wie der Kreis-Vorsitzende Johannes Kolmer an eine ähnlich stattliche Kulisse erinnern. Anweilers Kommentar taugt zur Überschrift: "Es war ein toller Tag."
ASC Neuenheim: Steven Ullrich (TW), Fabian Springer, Lucas Ring, Marc Berger (88. Finn Kölmel), Philipp Knorn (33. Nick David Rossbach), Dominik Räder, Oliver Kubis, Kajally Njie (73. Ralf Berger), Dennis Schnepf, Levin Sandmann (C), Tarek Aliane (90. Stefan Berger) - Daniel Tsiflidis (ETW), Elyesa-Adem Korkmaz, Finn Kölmel, Samuel Schmidt, Nick David Rossbach, Raul Pacheco Sudar, Stefan Berger, Ralf Berger, Kim-Jonathan Kaul - Trainer: Marcel Hofbauer
FC Östringen: Mike Haberkorn (TW), Marius Bentheimer (75. Tim Koch), Yannik Krämer (C), Patrick Roedling, Mirco Born, Christian Otto (75. Marius Ockert), Nikolai Bauer, Alexander Zimmermann, Patrik Göbel, Jens Umstadt, Philipp Leimenstoll (83. Mohammed R. S. Wadi) - Tim Koch, Mohammed R.S. Wadi, Rouven Michael Freidel, Marius Ockert, Yannick Nagel, Flavio Ratzel - Trainer: Mirko SchneiderTore:
5 Karten für ASC Neuenheim:
Schiedsrichter: Sonja Reßler (TSV Neckarau)
Zuschauer: 1200