Aufstellung des ASC Neuenheim
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Tore
Karten für Neuenheim
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Matthias Hohmann hat schon viel erlebt. Das wohlige Gefühl eines Sieges gegen die SpVgg Neckargemünd gehörte in seinen vier Trainerjahren beim ASC Neuenheim nicht dazu: Bis zum 10. Spieltag der Kreisliga-Saison 2012/2013. Da krönen die Anatomen ihre englische Woche ausgerechnet mit einem flotten Dreier beim hartnäckigen Angstgegner. Mit dem dritten Sieg in Folge und 16 Punkten (Torverhältnis 22:18) belegt der ASC Neuenheim den 6. Tabellenplatz und hat nach holprigem Start offenbar in die Spur gefunden. Doch dieser Premiere-Erfolg bei den Schwarzgelben war trotz der Deutlichkeit alles andere als ein Selbstläufer.
Die erste Hälfte der Partie am Neckarufer ist mehr oder weniger "lätschert", wie der Sachse Matthias Sammer kürzlich über den FCB gebayert hat. Die Anatomen brauchen fast eine akademische Viertelstunde, um den Rhythmus und mehr Ballbesitz zu finden. Dann schaltet Neuenheims Kapitän und Außenbahner Patrick Helten erstmals seine gefürchtete Wurfkanone an. Seine Einwurfflanke in den Strafraum verlängert Headhunter Stefan Holter mit dem Kopf auf den langen Pfosten. Serdar Özbek schießt knapp vorbei (14.). Im Gegenzug pariert ASC-Keeper Jan Münch einen Innenristschuss von SpVgg-Torjäger Carsten Klein (15.).
Dann entert Neuenheims unsteter Pirat erstmals die Neckargemünder Abwehrbrücke. Mathias Riedesel nimmt einen präzisen Steilpass von ASC-Verteidiger Felix Frank leichtfüßig an, hebt den Ball über seinen Gegenspieler, eilt in den Strafraum und schiebt die Kugel mit Köpfchen und dem linken Innenrist an Torwart Steffen Grueber vorbei ins Netz (16.). Doch statt nach der Führung nachzusetzen und die Instabilität des Gegners offensiv zu nutzen, ziehen die Anatomen sich in die Tiefe des Raumes zurück. Und fast hätte das Team von Spielertrainer Andreas Guzy diese Zurückhaltung mit dem Ausgleich bestraft. Sieben Minuten vor dem Pausenpfiff des tadellosen Schiedsrichters Imanuel Bacic (Billigheim) verlädt erneut der wieselflinke Angreifer Carsten Klein einen ASC-Verteidiger und zieht ab. Sein Zwirbelschuss küsst heftig die Neuenheimer Querlatte (38.).
Neckargemünd knüpft nach dem Wechsel an seine offensivere Spielweise an. Doch ausgerechnet in der stärksten Phase der Spielgemeinschaft erhöhen die Gäste per Doppelkopf auf 0:2. Zunächst köpft Serdar Özbeck eine Linksflanke von Mathias Riedesel an die Latte. Danach fast die Kopie. Auch Patrick Helten flankt von links. Wieder ist Serdar Özbek der Adressat. Und der köpft dieses Mal in die Maschen (56.) Ein echter Wirkungstreffer, von dem der Gastgeber sich nicht mehr erholen kann.
Nicht nur die Website der SpVgg Neckargemünd meldet sich "vorübergehend offline". Auch die junge Mannschaft ist nach diesem herben Gegenschlag nicht mehr wirklich online. 60. Minute: Bei einem mustergültigen Konter bringt Mathias Riedesel eine weite Rechtsflanke des starken Abwehrmannes Felix Frank sicher unter Kontrolle und passt genau in den Lauf seines Stürmerkollegen. Stefan Holter schiebt den Ball an Steffen Grueber vorbei zum alles entscheidenden 0:3 über die Linie.
Den dritten Neuenheimer Treffer innerhalb von 12 Minuten zelebriert erneut Serdar Özbek mit dem schönsten Tor des Tages. Das Einwurfgeschoss von Patrick Helten, der zwei Tage vor seinem Geburtstag hinten wie vorne überzeugt, verlängert Mittelstürmer Stefan Holter mit seinem wertvollsten Körperteil, dem Kopf. Heltens urgewaltiger Handball landet letztlich bei Serdar Özbek, der den Ball mit einem technisch perfekten Fallrückzieher ins lange Eck akrobatisiert (68.). Für dieses Supertor der Edelmarke Klaus Fischer hätten auch die wenigen Frauen im Kurt-Schieck-Stadion gerne Eintritt bezahlt!
Die Neckarschiffer haben die Segel längst gestrichen, als es der ASC Neuenheim nochmals krachen lässt. Im wahrsten Sinne des Wortes. 86. Minute: Genuss- und Schusstechniker Boris Gatzky vollendet eine von langer Hand vorbereitete Angriffsaktion mit einer hart wie Stalin abgefeuerten Fernrakete ans rechte Lattenkreuz. Die Schlussfanfare in einem furiosen letzten Drittel ist jedoch dem eingewechselten "Elder Goalman" Timo Mifka vorbehalten. Über den sich – wie vorher abgesprochen – in der SpVgg-Mauer duckenden Boris Gatzky hinweg schlenzt Timogol einen Freistoß aus 20 Metern flach ins rechte Eck (88.).
Zur allgemeinen Neuenheimer Freude über den dritten Sieg in Folge passt die Nachricht aus dem Breisgau. Fern vom Neckar an der Dreisam hat Marco Terrazzino, "der kleine Bruder" von ASC-Abwehrchef Vincenzo "Vince" Terrazzino, in der Nachspielzeit gegen Nürnberg sein erstes Bundesligator für den SC Freiburg geschossen. Und was für eines!
Doch auch in der italienisch-monnemerischen Calciofamilie Terrazzino dürften die Gefühle gemischt sein: Ein Hoffenheimer Jugendfreund von Marco Terrazzino heißt Boris Vukcevic. Nicht nur die Profis, auch die Kreisliga-Spieler drücken ihrem jungen Fußballerkollegen fest die Daumen, dass er wieder auf die Beine kommt und gesund wird!
Joseph Weisbrod