Aufstellung des ASC Neuenheim
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Tore
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Dem 6 : 1-Spielrausch in Hirschhorn folgte prompt der Kater gegen den Lokalrivalen aus Wieblingen, der sich allerdings als ein ganz anderes Kaliber entpuppte. Dabei hatte ASC-Trainer Dr. Holger Zimmer in der Teambesprechung per künstlerisch wertvoller Tafelzeichnung anschaulich vor der Gipfel-Talgefahr gewarnt und eine "konzentrierte Energieleistung" gefordert.
In der Tat entwickelte das Heidelberger Stadtderby sich zunächst ganz im Sinne des Neuenheimer Coaches. Der ASC startete mit Powerpoint und ging in der 10. Minute beinahe in Führung. Nach einem feinen Pass von Hamed Touré sorgte Kapitän Timo Mifka mit einem Prachtschuss an den TSV-Pfosten für einen bedrohlichen Heavy-Metal-Sound. Doch Wieblingen fand nun seinen zielstrebigen Rhythmus, kombinierte immer besser und hatte in der 24. Minute seinerseits die Lizenz zum Töten. Nach einer weiten Linksflanke stand Daniele D'Aversa "Mamma mia"-allein am langen Pfosten, köpfte aber überhastet daneben.
Kurz darauf war es für die gut organisierte Hauswirth-Schaft soweit. Ein Foul an ASC-Verteidiger Satnam Gill ließ der ansonsten penibel pfeifende Schiedsrichter ungeahndet und entschied auf Eckball für den TSV. Ausgerechnet Wieblingens Abwehrchef Mario Brambach, so hoch gewachsen wie Wladimir Klitschko, war völlig unbewacht und konnte die Ecke locker aus dem Stand einköpfen. Trotz klarer taktischer Zuordnung für die Standards stand der längste Mann auf dem Platz frei, wie Gott ihn schuf! Da kann man als Trainer schon mal an seinem Job zweifeln. Die vielversprechende Ausgleichsoption vergab Timo Mifka nach einem Eckball (35.).
Nach der Pause offenbarte der ASC ein weiteres akutes Standard-Problem: Drei Freistöße aus aussichtsreicher Position landeten in der 57., 59. und 74. Minute im Nirwana bzw. als Schmuseroller in den Armen des wenig geprüften TSV-Keepers Thorsten Kafka. Wieblingen stand in der Defensive getreu seinem Torverhältnis gewohnt sicher und war dem ASC vor allem im zentralen Mittelfeld überlegen. Dort schaltete mit Thomas Haarmann ein kantiger, zweikampfstarker Stratege, der auch die Entscheidung vorbereitete. In der 65. Minute eroberte Wieblingens Zehner sich energisch den Ball und flankte aus der Drehung vor das Tor. Dort stand - Überraschung, Überraschung! - Manuele D'Aversa wie Bruder Daniele (in Minuto 24) tanto solo. Der TSV-Italiener ließ ASC-Keeper Rodney Elwick mit einem platzierten Kopfballaufsetzer ins Eck keine Chance.
Trainer Dr. Holger Zimmer, der bereits in der 40. Minute die verletzte Führungskraft Michel Fuchs persönlich ablösen musste, hätte eigentlich die halbe, weil im Spielaufbau zu umständliche, ja hilflose Mannschaft auswechseln können. Aufgrund einer in dieser Saisonphase unglaublichen Personalnot (Verletzungen, Sperren, privat und beruflich bedingte Ausfälle) fehlte dem ASC eine komplette Mannschaft. Und so kam es, dass auf der Reservebank mit den Oldies Bernd Fischer (57 Jahre), Joseph Weisbrod (51), Werner Rehm (48) und Ersatztorwart Burkhard Kunzmann (47) sowie Spielertrainer Dr. Holger Zimmer (37) mit addierten 240 Jahren das unfreiwillige Methusalem-Komplott herrschte.
Dann der vereinshistorische Generations-Doppelwechsel in der 78. Spielminute. Die "Grauen Panther" Werner Rehm (48) und Joseph Weisbrod, mit 51 Jahren der älteste jemals in der höchsten Heidelberger Fußballklasse aktiv eingesetzte ASC-Spieler, kamen für die "Söhne" Jens Kronauer und Serdar Altuntas. Die beiden Senioren konnten zwar der Neuenheimer Schlussoffensive durchaus frische Impulse, aber keine Flügel mehr verleihen. So blieb es beim letztlich verdienten Sieg für die abgeklärteren und bissigeren Gäste.
Ein weiteres Kuriosum bei diesem Heidelberger Stadtteilderby: Zwei Vater-Sohn-Paarungen in einem Spiel. ASC-Altersrekordreservist Bernd Fischer konnte neben den vergeblichen Neuenheimer Bemühungen seinen Sohn Markus Fischer bei dessen dynamischen Wieblinger Vorstößen beobachten. ASC-Ersatzkeeper und Torwarttrainer Burkhard Kunzmann hat dieses väterliche Erlebnis öfters: Sohn Christian agiert erfolgreich in der Neuenheimer Viererkette.
Joseph Weisbrod