Deutschland - Argentinien 5:3 n.E.

Dramatik pur mit Happy End

Ein an Dramatik kaum zu überbietendes Viertelfinale zwischen zwei der großen Titelfavoriten blieb in der normalen Spielzeit plus Verlängerung ohne Entscheidung. Die sich gegenseitig auf hohem Niveau neutralisierenden Ex-Weltmeister mussten ins Elfmeterschießen, dass die Deutschen knackig für sich entschieden.

Die Deutschen präsentieren sich durch Fouls in den ersten zwei Minuten als agressive Änhänger des Forechecking und holten sich für Podolski in der dritten Minute die erste Gelbe Karte ab. Der Beginn blieb nervös und hatte durch vielfältige Nickligkeiten keinen Spielfluss. Einen mittelprächtigen Freistoß von Podolski ließ Abbondanzieri zwar abprallen (7.), aber auch die Gauchos setzten vorne Akzente, deuteten Gefahr an. Nach 15 Minuten konnte man von einer zähen, aber intensiven Anfangsphase sprechen. Dann aber stach Ballack in den 16er und köpfte nur knapp über den Giebel (16.). Die exzellente Hereingabe kam von Schneider. Und Mertesacker zog nur zwei Minuten später aus 17 Metern über den Kasten. Doch Argentinien konterte regelmäßig, nahm aber meist den Druck aus der Partie. Innerhalb der nächsten Viertelstunde kamen die Deutschen kaum in den gegnerischen Strafraum. Fehlpässe im Angriff und öfter im Mittelfeld, nicht selten provoziert durch eng und temporeich markierende Südamerikaner. Unterbrechungen durch Freistöße im Mittelfeld zerpflückten das Spiel auch bis in die Endphase des ersten Durchgangs hinein. Die Argentinier hatten den ersten deutschen Schwung größtenteils ausgebremst, aber selbst wenig Brisantes vor Lehmann fabriziert. Bei dem 0:0 hatte es nur eine echte Torchance durch Ballack gegeben, ansonsten belauerten sich beide Teams als Defensivkünstler.

Argentinien startete mit einer Gelben Karte für Sorin, der Friedrich über die Klinge springen ließ. Im Gegenzug, Lahm hatte zur Ecke abgewehrt, flankte Riquelme den Standard auf den Fünfer, Ayala sprang höher als Klose und zwischen Lehmann und Lahm auf der Torlinie schlug der Kopfball des Abwehrchefs zum 1:0 für Argentinien ein (50.). Das Tempo steigerte sich umgehend. Aber die Pekermann-Elf blockte weiterhin geschickt ab, wogegen Klinsmann mit der Einwechslung von Odonkor für Schneider antwortete. Eine gute Möglichkeit für Ballack (63., abgeblockt) hatte Odonkor gleich als Initiator geoutet. Plötzlich war der Druck der Deutschen da, wenn auch noch holprig. Nach einer Abbondanzieri-Kollision mit Klose gab es erst den Torwartwechsel und der defensive Cambiasso kam für Riquelme. Bei Deutschland kam Borowski ins Spiel. Und das 1:1 in der 80. Minute hob das Spiel an. Ballack flankte einen Freistoß von links herein, Borowski leitete per Kopf auf Klose weiter, der stramm ins linke Eck einnickte. Vor dem Abpfiff der regulären Spielzeit, inkl. vier Minuten Nachschlag, gab es zwar noch einige Szenen in den Strafräumen, doch eine echte Torchance wurde nicht erarbeitet.

In der Verlängerung stellte sich Argentinien zu Beginn tief auf. In der 99. Minute holte Ayala zwar den langen Arm gegen Ballack im 16er heraus, doch die Pfeife blieb stumm. Konditionell blieb das deutsche Team nun dominierend, hatte Oberwasser und stand in der Abwehr überaus sicher. Ein Schuss von Gonzales übers Tor (105.) deutete aber auch an, dass die Gauchos längst nicht nur verteidigen wollten. Sie kamen auch nach dem letzten Seitenwechsel besser ins Spiel, drängten die Klinsmann-Truppe anfangs zurück. Coloccinis Fernschuss übers Dreick bestätigte punktuelle Gefahr (113.). Zwei Minuten später touchierte der nächste Distanzversuch sogar die Querlatte. Aber auch eine Odonkor-Borowski-Annäherung hatte Zunder. Ein Treffer hing zwar in der Luft, aber das Elfmeterschießen wurde nicht mehr verhindert.

Neuville wuchtete den ersten in die Maschen. Cruz versenkte ebenfalls unhaltbar. Ballack erhöhte sicher. Doch der ebenfalls erfahrene Ayala scheiterte per Flachschuss an Lehmann. Podolski ließ Keeper Franco, nochmals, keine Chance. Maxi Rodriguez tief in die Ecke zum Anschluss. Aber Borowski abgeklärt wie ein Mann ohne Nerven erhöhte auf 4:2. Und der Höhepunkt wurde die tolle Parade von Lehmann gegen Cambiasso. Deutschland hatte das Halbfinale erzwungen.

Ulrich Merk


Fr 30.06.2006, 17:00 Uhr, Olympiastadion, Berlin
WM 2006, Viertelfinale
72.000 Zuschauer - Schiedsrichter: Lubos Michel (Slowakei)

Deutschland - Argentinien 5:3 n.E. (1:1 n.V., 1:1, 0:0)

Deutschland
 
Jens Lehmann
Arne Friedrich
Per Mertesacker
Christoph Metzelder
Philipp Lahm
Bernd Schneider (62. David Odonkor)
Torsten Frings
Michael Ballack
Bastian Schweinsteiger (74. Tim Borowski)
Miroslav Klose (86. Oliver Neuville)
Lukas Podolski
 

Argentinien
 
Roberto Abbondanzieri (71. Leonardo Franco)
Fabricio Coloccini
Roberto Ayala
Ivan Gabriel Heinze
Juan Pablo Sorin
Luis Gonzalez
Javier Mascherano
Juan Roman Riquelme (72. Esteban Cambiasso)
Maxi Rodríguez
Hernan Crespo (79. Julio Ricardo Cruz)
Carlos Alberto Tevez
 
Trainer: Jürgen KlinsmannTrainer: Jose Pekerman
Tore
 
0:1 Roberto Ayala 49. (Kopfball, Riquelme)
1:1 Miroslav Klose 80. (Kopfball, Borowski)

2:1 Oliver Neuville (Elfmeterschießen)
2:2 Julio Ricardo Cruz (Elfmeterschießen)
3:2 Michael Ballack (Elfmeterschießen)
4:2 Lukas Podolski (Elfmeterschießen)
4:3 Maxi Rodríguez (Elfmeterschießen)
5:3 Tim Borowski (Elfmeterschießen)
 
Besondere Vorkommnisse:
Besondere Vorkommnisse: Elfmeterschießen: Ayala und Cambiasso verschießen - Lehmann hält; Reservespieler Cufre erhielt nach Spielende wegen einer Tätlichkeit die Rote Karte.