Eine angesehene Adresse in der Heidelberger Fußballszene

Der ASC Neuenheim im Streiflicht der jungen Vereinsgeschichte

Im heißen Gründungssommer 1978 diagnostizierte die "Rhein-Neckar-Zeitung": Die Heidelberger Anatomie ist "vom Fußballfieber befallen". Der Leiter dieses infizierten Instituts - ein Fußballspätberufener namens Prof. Dr. Wolf-Georg Forssmann - und seine Getreuen wollten sich nicht mit dem akademischen Lorbeer des Titels eines Heidelberger Universitätsmeisters zufriedengeben. Sie waren begierig danach, im organisierten Wettkampf um Punkte und Tabellenränge ihre fußballerischen Kräfte zu messen. Nicht bloß nach den Miniröcken des Campus, nein, nach den verschwitzten Trikots der Kreisligaspieler aus Fußballdörfern wie Frauenweiler, Balzfeld, Rettigheim stand ihnen der Sinn.

Sogar das Fernsehen berichtete über die Fußball-"Akademiker"

Die Gründungsmitglieder des folgerichtig ASC (Anatomie-Sportclub) Neuenheim getauften Vereins - überwiegend Assistenten, Doktoranden und Medizinstudenten - müssen ein unerschütterliches Selbstwertgefühl gehabt haben. Denn fast zwei Jahre lang gab es nur auf die Mütze. Und die Heidelberger Rhein-Neckar-Zeitung titelte hämisch: "Anatomen am Skalpell sicherer als am Ball." Immerhin wurde sogar das Fernsehen aufmerksam. Der Südwestfunk berichtete Anno 1979 in "Sport unter der Lupe" über den kessen Intelligenzler-Club, der seine Spiele zunächst auf dem rauhen Hartplatz des Bundesleistungszentrums in Heidelberg-Neuenheim austrug - ganz in der Nähe des Zoos.

Multikulti? Für den ASC nichts Neues. Amerikaner, Afrikaner, Jordanier, Italiener, Griechen trugen in der Pionierzeit das zebraschwarzweiße ASC-Trikot. Probleme mit dem Doppelpass? Zugegeben: Die hatten so manche ASC-Urviecher. Es gab aber auch begnadete Straßenfußballer wie den Griechen Costas Toulakis. Der liebkoste den Ball und zelebrierte den Doppelpass, vor allem den mit sich selber. Manchmal pfiff er mitten im Spiel durchdringend aus dick aufgeblähten Backen. Allzu oft pfiff er jedoch wie einige seiner Teamkollegen - zum Leidwesen seines mitunter der Verzweiflung nahen Trainers Dieter Zendt - auch auf teutonische Tugenden wie Pflichtbewußtsein und Anstoßzeiten.

Erste Meisterschaft und Sepp-Herberger-Urkunde "für besonders bemerkenswerte Jugendarbeit"

Der Libero hieß Dr. Werner Rupp und lenkte damals wie heute die Geschicke des Vereins. Anfangs als zweiter Vorsitzender, seit fast 20 Jahren als Präsident. Auf dem Platz und erst recht drumherum hat der "Mr. ASC" mit dafür gesorgt, daß aus dem anfänglichen Prügelknaben rasch ein ernsthafter, ja zuletzt sogar die zweite Macht im Heidelberger Fußball wurde. Pünktlich zum 10jährigen Bestehen konnte der ASC auf den größten Triumph in der Vereinsgeschichte anstoßen: Die Meisterschaft in der Saison 1987/88 und den Aufstieg in die Heidelberger Kreisliga A.

Doch nicht nur durch die Leistungen der Seniorenmannschaften erwarb sich der junge Verein im Fußballkreis Heidelberg Achtung und Anerkennung. Die Verantwortlichen stellten früh die Weichen für eine systematische Nachwuchsarbeit. Bereits 1985 wurde der ASC mit der Sepp-Herberger-Urkunde "für eine besonders bemerkenswerte Jugendarbeit" ausgezeichnet. Zwei Jahre später sorgte die F-Jugend für Aufsehen, als sie die Hallenkreismeisterschaft erkämpfte und bei der Badischen Meisterschaft erst im Endspiel dem scheinbar übermächtigen SV Waldhof Mannheim knapp unterlag.

"Da kann man ja neidisch werden - bei so vielen Jugendmannschaften"

Seit diesen ersten Erfolgen gehört der ASC Neuenheim stets zu jenen wenigen Vereinen, die in fast allen Jugendklassen vertreten sind. Die "bemerkenswerte" Nachwuchsarbeit ist nicht zuletzt mit dem Namen Rietzel verbunden: Schon der Vater von Jugendleiter Eike Rietzel war da tätig. Die ASC-Jugendabteilung kann auf eine ganze Latte von Erfolgen verweisen. Neben diversen Meisterschaften, Kreispokalsiegen und Turniergewinnen hat sich vor allem die C-Jugend zu einer Art Aushängeschild gemausert. Sie hält sich tapfer in der Landesliga Rhein-Neckar und lehrt Großvereine wie VfR Mannheim und SGK Heidelberg das Fürchten.

Heute steht vor allem Daniel Paschedag, als stellv. Jugendleiter fast rund um die Uhr für "seine" Jungs unterwegs, für Expansion und Erfolg der Jugendarbeit. Der Eintrag von Patrick Roach aus Monsheim im Gästebuch des gerade von Jugendlichen aus allen Himmelsrichtungen stark frequentierten Gästebuches des ASC im Internet kommt nicht von ungefähr. Er schrieb: "Ich muss schon sagen... da kann man neidisch werden - bei so vielen Jugendmannschaften." Zur Zeit verfügt der ASC über folgende Teams: Bambinis, F-Jugend, E-Jugend, D-Jugend, C-Jugend (Landesliga und Kreisstaffel) und eine B-Jugend. Auch die Frage eines ASC-Website-Besuchers namens "Stachel" ("Hey, warum gibt es bei Euch keine Mädchenmannschaft?") kann bald bejaht werden: Ab der Saison 2001/2002 wird eine Mädchen-B-Jugend, bestehend aus fußballverrückten US-Girls, den Dress der Neuenheimer tragen. Angesichts der vielen Neuzugänge aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten kann das Kürzel ASC bei Bedarf künftig auch so interpretiert werden: American Soccer Club.

Von der Kreisliga A in die Landesliga:
Aufstieg und Kreispokalsieg zum 20jährigen Jubiläum das Höchste der Gefühle

Damit sind wir wieder bei den "Erwachsenen" angelangt. Die Leistungskurve des jungen Vereins zeigte weiter nach oben. Im gar nicht so verflixten 13. Jahr seines Bestehens schaffte der ASC seine zweite Meisterschaft, dieses Mal in der Kreisliga A, und stieg 1991 in die Bezirksliga auf. Dort schlug sich Neuenheim unter Trainer Reimund Disch mehr als beachtlich, mischte fast immer im vorderen Tabellendrittel mit und und stieg schließlich in die Landesliga Rhein-Neckar auf. Der verdiente Sprung nach oben gelang mit dem jungen Spielertrainer und A-Lizenz-Inhaber Holger Zimmer. Basis des Erfolgs war die beste Abwehr der Bezirksliga. Die von Zimmer eingeführte Viererkette kassierte die wenigsten Gegentore.

Ein Hollywood-Regisseur hätte es nichts besser inszenieren können: Für den 30. Mai 1998 hatte der Verein zur Jubiläumsfeier "20 Jahre ASC Neuenheim" eingeladen. Genau an diesem Tag machte der ASC mit einem 5:2-Sieg über den SV Waldhilsbach sein Bezirksliga-Meisterstück. An diesem unvergesslichen Freudenfest nahmen auch viele ASC-Pioniere wie Ehrenmitglied Prof. Dr. Wolf-Georg Forssmann, Prof. Dr. Jürgen Metz, Dr. Walter Herzog, Dr. Lutz Kostzrewa, Dr. Adalbert Martin, Dr. Eberhard Weihe, Manfred Kresser, Wolf Wyrwas und andere teil. Zwei Tage später, am Pfingstmontag 1998, holte der ASC Neuenheim mit einem geschätzten Durchschnitts-Blutalkoholgehalt von 1,5 Promille - Spuren der exzessiven Jubiläums- und Meisterschaftsfeier - auch noch den Kreispokal durch einen 1:0-Sieg beim VfB St. Leon. Derzeit ist der ASC Neuenheim in der Bezirksliga Heidelberg etabliert. Die Reserve steuert unter Co-Trainer Thomas Knödler ihrer ersten Meisterschaft in der Vereinsgeschichte entgegen. Und die Kontinuität in der sportlichen Leitung ist gewährleistet. Das Trainer-Gespann Holger Zimmer und Thomas Knödler wird dem ASC auch in der Saison 2001/2002 erhalten bleiben.

Kaum Rentner am Spielfeldrand? Das liegt an der ASC-Biologie...

Bei den ASC-Jahreshauptversammlungen gab es bisher weder Gedenkminuten für verstorbene Altmitglieder noch Ehrennadeln für langjährige Jubilare. Der Grund: Aufgrund seiner "Jugend" hat der ASC Neuenheim keine "alten" Mitglieder. Auf die Rentner am Spielfeldrand, die mit dem Verein aufgewachsen sind, müssen wir leider noch ein paar Jährchen warten. Wir? Das könnten im Jahr 2020 vielleicht auch die aktuellen Vorstandsmitglieder sein. Der harte Kern ist übrigens seit rund zehn Jahren unverändert.

Der aktuelle ASC-Vorstand

"Wirklich eine geile Seite...": www.asc-neuenheim.de

Die ASC-Website lebt. Rund 63.000 Neugierige haben bereits reingeschnuppert. Das Gästebuch verzeichnet derzeit rund 350 Einträge aus aller Welt: Grüße und Congratulations aus New Plymouth, Neuseeland, ebenso wie aus Buenos Aires, Argentinien, aus Canada, Australien, USA, England, Österreich, Schweiz und natürlich aus der ganzen Bundesrepublik - von Bautzen, Nordseeküste, Lüneburger Heide, Sachsen, Dortmund/Ruhrpott, bis Eiterbach/Deutschland. Viel Lob für die ASC-Homepage ist dabei. So hat zum Beispiel Andreas Kölbl aus Lalling (wo immer das liegen mag) im Gästebuch verewigt: "Wirklich eine geile Seite."

Im Gegensatz zu vielen Websites, die ein ansprechendes Design, aber kein aktuelles (Bewußt)Sein haben, legen der ASC und sein ebenso engagierter wie sachkundiger Webmaster Werner Rehm, ein SAP-Entwickler, Wert auf ständige redaktionelle Pflege und höchste Aktualität des Servers. Denn nichts ist so alt wie die Website von gestern. So finden die zahlreichen virtuellen Besucher hier nicht nur ein umfassendes, mit Fotos gespicktes ASC-Archiv über die vielfältigen Vereinsaktivitäten von 1978 bis heute, von den Bambinis bis zu den sehr aktiven Oldies, von den Feiern bis hin zum legendären "Heidelberger Mediziner-Fasching". Die Spielpläne, Tabellen, Spiel- und Presseberichte, Mannschaftsfotos und Spielerporträts sind stets up-to-date.

Über das ASC-Geschehen hinaus findet der Interessent alle aktuellen Tabellen von der Heidelberger Kreisliga C bis hin zur Bundesliga. Apropos Aktualität: Unmittelbar nach den Punktspielen sind im Internet die Spielberichte von der ersten und zweiten Mannschaft zu finden. Und im Heimspiel-"Flashlight" präsentiert Dieter Hafner seine sachkundige Spieltags-Vorschau zur Bezirksliga Heidelberg. Über Feedback und neue Spieler gleich welcher Altersklasse freuen wir uns natürlich besonders. Wer die ASC-Website nicht in Buenos Aires (wie unser Internet-Freund Karl-Heinz Jasinski), sondern vielleicht im Rhein-Neckar-Dreieck inspiziert und den Anatomie-Sportclub nicht nur auf dem Papier bzw. virtuell erleben will: Schaut doch einfach mal vorbei bei einem Senioren- oder Jugendspiel des ASC Neuenheim.

Joseph Weisbrod