Landesliga Rhein-Neckar, 2022/23

"Ich hätte alles erklären können"

Trainer Uli Brecht zu der verhängnisvollen WhatsApp-Nachricht, die ihn den Job beim ASC Neuenheim kostete

Von Wolfgang Brück

Heidelberg. Eine private Nachricht auf WhatsApp, die öffentlich wurde, kostete Trainer Uli Brecht beim ASC Neuenheim den Job. Auf Anfrage der Rhein-Neckar-Zeitung gab der 53-jährige Neckargemünder zu: "Es war ein Fehler, die Kurz-Mitteilung zu schreiben. Denn man kann sie missverstehen und aufgrund dessen meine Loyalität in Frage stellen."

In der brisanten Kurz-Nachricht geht es um ein mögliches Engagement des Neuenheimer Trainers beim Liga-Rivalen FV Brühl.

Der Vorstand des ASC kam nach der Lektüre der SMS zu dem Ergebnis: Das Vertrauens-Verhältnis ist nachhaltig gestört, eine weitere Zusammenarbeit unmöglich. Der bisherige Co-Trainer Marcel Hofbauer wurde zum neuen Chef befördert.

Brecht bedauert, dass die Entscheidung getroffen wurde, ohne ihm die Gelegenheit zu geben, Stellung zu beziehen. Er ist überzeugt: "Ich hatte alles erklären können." Mit der WhatsApp habe er sich in Brühl nicht als Trainer bewerben wollen. Aber: "Mein Vertrag läuft im Juni aus. Es ist legitim, Augen und Ohren offen zu halten. Das tun auch die Spieler. Kein Mensch käme auf die Idee, sich deshalb von ihnen zu trennen."

Er habe sich in hohem Maße mit seinem Arbeitgeber identifiziert, versichert der Finanzberater. "Mein Herz schlägt für den ASC Neuenheim. Ich habe alles für den Verein getan, auch schon damit begonnen gemeinsam mit Team-Manager Dany Stiegler die neue Saison zu planen. Am liebsten hätte ich für ein Jahr verlängert." Ein sofortiger Wechsel von Neuenheim nach Brühl, betont Brecht, sei nie seine Absicht gewesen. Und: "In zweieinhalb Jahren habe ich mit keinem anderen Verein gesprochen."


Uli Brecht (rechts) hätte am liebsten in Neuenheim verlängert. Mit Dany Stiegler plante er bereits die neue Mannschaft. Doch dann veränderte eine WhatsApp alles. Foto: wob

Brisanz bekam die Angelegenheit durch den Rücktritt von Thorsten Barth. Der Trainer des FV Brühl zog die Konsequenzen aus dem 0:8-Debakel des Aufstiegs- Favoriten gegen den ASV/DJK Eppelheim. Der 49-jährige Leiter von Altenheimen wird künftig als Sportlicher Leiter agieren. Neuer Trainer ist Andreas Backmann.

Der 46-jährige Ex-Profi aus dem Saarland – er bestritt 13 Zweitliga-Spiele für den Karlsruher SC und den 1. FC Saarbrücken – tritt ein schweres Erbe an. Mit namhaften Neuzugängen wie Timo Raab, Patrick Fetzer, Christoph Stenzel, Alexander Kerber und Top-Torjäger Ben Richard Prommer hatten die Brühler vor der Runde für Aufsehen gesorgt.

Doch das Ergebnis der großen Einkaufs-Tour ist ernüchternd. Der Meisterschafts- Favorit beendete die erste Serie als Zehnter. Nur ein Punkt trennt von der SpVgg Ketsch auf dem Relegationsplatz zur Kreisliga.

Dabei hatte Barth seine Wunschspieler holen dürfen. Spieler, die er von früheren Stationen kennt und die in höheren Ligen auf sich aufmerksam machten. Doch: Sportliche Lorbeeren welken schnell. Der Verdacht liegt nahe, dass der Ehrgeiz der Bühler Bosse um den engagierten Fußball-Abteilungsleiter Frank Hensel um ein gutes Stück größer war als der Erfolgshunger der arrivierten Herrschaften in den kurzen Hosen. Angeblich gab es Vereinbarungen, die es einigen in die Jahre gekommenen Spielern gestatteten, das Training nach ihren Vorstellungen zu dosieren.

Backmann will "vorurteilsfrei" an die Aufgabe herangehen, "erst mal für Stabilität sorgen." Zuletzt trainierte er den Pfälzer Verbandsligisten SV Rülzheim, davor war er unter anderem in Kirrlach, Speyer und beim VfR Mannheim. Der Unternehmer aus Östringen kommt nicht als Feuerwehrmann. Der Vertrag laufe über die Saison hinaus, sagte Backmann. Das Projekt ist reizvoll: In Brühl ist für rund zehn Millionen Euro eine prächtige Sportanlage entstanden. Verzichten muss der Neue auf den bisherigen Co-Trainer. Auch Mike Kappes, ehemals Trainer des FC Rot, trat zurück.


Sportlicher Leiter Marc Saggau (Foto: Heckmann)

Derweil verabschiedet sich Uli Brecht mit versöhnlichen Worten. "Ich hatte eine tolle Zeit beim ASC Neuenheim, in der ich großartige Menschen kennen lernen durfte." Spielleiter Marc Saggau gibt das Kompliment zurück: "Uli ist ein Super-Typ. Ein Menschenfänger."

Auch die sportliche Bilanz kann sich sehen lassen. Als Vizemeister verfehlte er im Sommer nur knapp den Aufstieg, der ihm zuvor mit dem FC Bammental, Badenia St. Ilgen und Viktoria Mauer gelungen war.

Aufbruch-Stimmung ist allerorten. Beim Rangfünften Neuenheim, wo sich Marc Saggau eine "kleine Serie" wünscht, um noch mal ins Rennen um die Aufstiegsplätze eingreifen zu können. "Marcel Hofbauer hat ein gutes Standing bei der Mannschaft. Die Jungs wollen", erklärt der 49-jährige Orthopädie-Meister zum Neuanfang mit dem 32-jährigen Pädagogen. Auch Uli Brecht schaut nach vorne: "Ich will ein klärendes Gespräch mit dem ASC-Präsidium und danach auf jeden Fall meine Trainer-Laufbahn fortsetzen. Denn ich liebe den Fußball."

RNZ vom 04.01.2023, Seite 23