ASC Neuenheim
RNZ-Vorschau 2022/23

Ist der ASC Neuenheim zu brav?

Der Verein der Kirchenfürsten und Professoren beklagt den Verlust seines Torjägers, scheint aber stabil genug - Die RNZ tippt auf die Meisterschaft

Von Wolfgang Brück

Heidelberg. Von einer Biertisch-Idee zur Nummer eins im Heidelberger Fußball. Der ASC Neuenheim hat eine beeindruckende Entwicklung hinter sich. Auch wenn die zurückliegende Saison für den amtierenden Vizemeister mit einer Enttäuschung endete. Das 0:1 im Relegations-Finale gegen Langensteinbach war zwar erst die zweite Niederlage im laufenden Kalenderjahr, aber - leider - genau eine zu viel.

> Neuzugänge und Abgänge: Fünf sind weg. Das ist fast eine halbe Mannschaft. Weh tut vor allem der Verlust von Ben-Richard Prommer. Wegen der Freundschaft zu Trainer Thorsten Barth, versichert "Richi", schloss sich der 30- jährige Torjäger dem Fast-Absteiger Brühl an. Seine 34 Tore sind weit mehr als ein Drittel aller Neuenheimer Tore. Boubacar Siby galt als einer der besten Sechser der Landesliga, doch Christian Mühlbauer sollte ihn gleichwertig ersetzen. Mühlbauer bringt Profi-Erfahrung vom Waldhof und dem Athleten-Klub Berlin mit, sein Vater gehört zu den Sponsoren des ASC. Nach dem doppelten Rittberger soll der dreifache Berger zum Qualitäts-Begriff werden. Stefan Berger (7 Tore) bekommt Unterstützung vom kleinen Bruder Jürgen (21 Tore beim ASC II). Von der SG Kirchheim wechselte der talentierte Abwehrspieler Marc Berger. Auch andere Talente wie Linus Held aus Schwetzingen oder Moritz Nemela aus der Walldorfer Jugend sollen eine Chance bekommen. Daniel Tsiflidis, künftig Torwart-Trainer, hinterlässt große Fußabdrücke. Nachfolger Steven Ullrich, bisher zweiter Mann beim VfR Mannheim, hat seine Sache bislang gut gemacht.

> Stärken und Schwächen: Die Abwehr bleibt das Prunkstück. Mit 33 Gegentoren in 30 Spielen hatte der Vizemeister die beste Defensive der Klasse. Mit 88 Toren übrigens auch den stärksten Angriff. Ohne Prommer steht nun aber hinter der Offensive ein Fragezeichen. Denn dass Neuenheim ohne seinen Top- Stürmer schwerer auszurechnen ist, ist erst mal nur eine Hoffnung. Dies soll auf keinen Fall als Plädoyer für böse Buben verstanden werden: Aber auf dem Campus geht es im allgemeinen gesittet und wohl temperiert zu. Ein bisschen mehr Leidenschaft und Gier wären wahrscheinlich nicht verkehrt.

> Der Trainer: Uli Brecht passt zum Verein der Professoren, Chefärzte und Kirchenfürsten. Als Pädagoge nicht bildungsfern, beschäftigt sich der 53-jährige Neckargemünder mittlerweile als Finanz-Dienstleister mit Gewinn-Maximierung. Er ist ein kommunikativer Mensch mit sanfter Autorität.


v.l. Spielertrainer Marcel Hofbauer, Trainer Uli Brecht, TW-Trainer Daniel Tsiflidis und Co-Trainer Pierre Heidicker
(Foto: Jan A. Pfeifer)

> Die Führung: Es heißt, dass ohne die Beharrlichkeit des Präsidenten Dr. Werner Rupp die Anatomen als studentisches Zwischenspiel in die Heidelberger Fußballgeschichte eingegangen wären. Dem promovierten Chemiker aus Wilhelmsfeld stehen die nicht minder honorigen Vize Werner Rehm und Joseph Weisbrod zur Seite. "Josh", als langjähriger Berichterstatter der Rhein-Neckar-Zeitung, ein waghalsiger Wortakrobat, kann in den sozialen Medien erstaunliche Zugriffszahlen vorweisen.

> Die Besonderheit: Neuenheim schien mit Rahmi Can Bas, mit 27 Saisontoren die Nummer zwei hinter Prommer, einen geeigneten Nachfolger gefunden zu haben. Doch in seinem Türkei-Urlaub unterschrieb der 23-jährige Angreifer einen Vertrag beim Drittligisten Sivas Belediyespor. Das Gerücht, der Deutsch- Türke habe beim Landeslisten noch Schulden, wird von Uli Brecht dementiert: "Alles lief sauber. Das Geld war zwei Tage später wieder auf dem Konto."

> Die Aufstiegs-Favoriten: Sportchef Marc Saggau glaubt, dass der hoch gerüstete FV Brühl und der eingespielte FC Bammental die schärfsten Konkurrenten des ASC Neuenheim sein werden.

> Die Prognose der RNZ: Wer kurz vor der Ziellinie strauchelt, braucht häufig etwas länger, um wieder aufzustehen. Außerdem: Wie stark ist Neuenheim ohne seinen Prommer? Ein bisschen Mut gehört dazu, wenn wir uns festlegen: Der Vizemeister verbessert sich auf Platz eins.

> Die bisherigen Tests (in Klammern die von der RNZ prognostizierten Platzierungen): ASV/DJK Eppelheim (5.), VfB St. Leon (8.), SG Heidelberg- Kirchheim (4.), DJK/FC Ziegelhausen-Peterstal (7.). Es folgen Freie Turner Kirchheim, FC Bammental, SG Horrenberg und FV Nußloch.

RNZ vom 08.08.2022, Seite 21