BFV-Pokal
Saison 2022/23, 4. Runde, Vorbericht

Weisbrod wurde im Alten Testament fündig

Pokal-Hit am Dienstag: Der ASC Neuenheim hat einen guten Draht nach oben und der SV Waldhof forderte Trainings-Bälle an

Von Wolfgang Brück

Heidelberg. Ballaballa vor dem Pokal-Hit. Mitte letzter Woche erreichte den ASC Neuenheim eine Anfrage des SV Waldhof. Man bitte um zehn Bälle - für die Vorbereitung auf das Achtelfinal-Spiel im badischen Pokal am Dienstag (18.30 Uhr/FußballCampus). Zwar sind sowohl in der Dritten Liga als auch in der Landesliga die Bälle rund, doch sie kommen von unterschiedlichen Herstellern.

Der ASC Neuenheim teilte mit, man sei bereit, fünf Bälle abzugeben, die sollten aber - bitteschön - in Heidelberg abgeholt werden. Der aktuelle Stand im Ballaballa: Die Profis bekommen ihre zehn Bälle - aber erst vor dem Spiel beim Warmmachen. "Irgendwie ist es schon ein bisschen komisch", findet ASC-Team-Manager Danny Stiegler, "andererseits kann man es auch als ein Zeichen von Respekt werten." Den haben die Waldhöfer auch aus einem anderen Grund. Der Kunstrasen auf dem FußballCampus ist ungewohntes Terrain.

Vier Klassen trennen den Heidelberger Stadtteil-Verein und den Profi-Klub. Nach der Arithmetik von Willi Entenmann müsste der SV Waldhof 8:0 gewinnen. Zwei Tore pro Klasse hielt der unvergessene Trainer für angemessen.

Das Ergebnis hat Uli Brecht schon zweimal übertroffen. Jeweils 0:3 unterlag der ASC-Chefcoach in Pokalspielen gegen den SV Waldhof: 2019 mit dem VfR Mannheim und 2020 mit Neuenheim. Im damaligen Halbfinale waren wegen Corona nur 500 Zuschauer zugelassen,

Diesmal rechnet man mit doppelt so vielen Besuchern. 500 Fans werden aus Mannheim erwartet. Weil der logistische Aufwand nicht unerheblich ist, hat der Landesligist angeboten, auf das Heimrecht zu verzichten und das Spiel im Carl-Benz-Stadion auszutragen. Mannheim lehnte ab - ein Tausch hätte sich erst ab rund 4.500 Besuchern gerechnet.

Eine vierstellige Zuschauer-Zahl hatte der Anatomie-Sportclub noch nie in seiner 44-jährigen Geschichte. "Man kann von unserem bisher größten Spiel reden", meint Pressechef und Vize-Präsident Joseph Weisbrod. Werner Rehm und Julian Rupp , ebenfalls zweite Vorsitzende, freuen sich für die Spieler: "Einmal gegen einen Profi-Verein - das ist ein Highlight."


Ex-Waldhöfer Christian Mühlbauer im Spiel gegen SG HD-Kirchheim (Foto: F&S)

Christian Mühlbauer weiß, wie es oben läuft. Der mittlerweile 36-jährige Ziegelhäuser hat für den SV Waldhof in der Vierten Liga gespielt, wechselte danach zum Berliner Athleten-Klub, bevor er in die Heimat zurückkehrte. Nur noch einen Ex-Kollegen kennt er noch von damals: Marcel Seegert. Bei der 2:2- Generalprobe in Kirchheim ließ sich Mühlbauer vorsichtshalber auswechseln. Es drohte eine gelb-rote Karte.

Während der Königs-Transfer dabei sein wird am Dienstag, steht hinter Dominik Räder ein Fragezeichen. Beim Derby fehlte der Abwehrchef wegen einer Erkältung. Ganz sicher kann Marcel Hofbauer, Brechts verlängerter Arm auf dem Spielfeld, nicht mitmachen. Er leidet an einer Fersen-Verletzung.

Beim Waldhof, der dreimal hintereinander den badischen Pokal gewonnen hat, war nach dem späten Sieg gegen Bayreuth auch das Spiel in Neuenheim ein Thema. Dominik Martinovic hätte es nicht schöner sagen können: "Ob Borussia Dortmund oder ASC Neuenheim - wir nehmen jeden Gegner ernst und wollen immer gewinnen." Der Sieger trifft im Viertelfinale, drei Wochen später (am Dienstag, 27. September), auf den FC-Astoria Walldorf.

Stiegler hofft auf ein knappes Ergebnis, Marketingleiter Alexander Stiehl sagt, dass man immer eine Chance habe, Brecht erinnert sich, dass es vor zwei Jahren lange 0:0 stand. Julian Rupp hofft auf ein "kleines Wunder".

In dieser Hinsicht ist der Landesligist gut aufgestellt. Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der mal oberster Protestant war, hat früher in Neuenheim Fußball gespielt. Joseph Weisbrod hat im Alten Testament geforscht. Der 67-jährige frühere Marketing-Leiter macht Mut. Er zitiert aus Samuel 1, Kapitel 17. Vom jungen Schafhirten David, der den furchterregenden Riesen Goliath mit einer Steinschleuder besiegte. Die ist auf dem Sportplatz verboten. Aber vielleicht reichen der richtige Ball und viel Mut.

RNZ vom 05.09.2022, Seite 26

Wie 15 Bälle in Leimen landeten

Neuenheim gegen Waldhof: Der Pokal-Hit schlägt Wellen

Von Wolfgang Brück

Heidelberg. Spätestens seit Peter Handkes "Die Angst des Tormanns vor dem Elfmeter" weiß man: Fußball und Intelligentia schließen sich nicht aus. Im Gegenteil. Das bfv-Achtelfinal-Spiel des ASC Neuenheim gegen den SV Waldhof an diesem Dienstag, 18.30 Uhr, ist eine prima Gelegenheit für Geistesgrößen, sich mal wieder unters Fuß(ball)-Volk zu mischen. Zu den Gründungs-Mitgliedern des Anatomie-Sport-Clubs gehört neben etlichen anderen Honoratioren Professor Wolf-Georg Forssmann. Der Sohn eines Medizin-Nobelpreis-Trägers.

Joseph Weisbrod rechnet mit rund tausend Zuschauern, etwa die Hälfte aus Mannheim. "Zwar sind laut Ticketing-Leiter Steven Kreuzer bisher im Vorverkauf nur knapp 150 Karten abgesetzt worden, doch die Waldhof-Fans sind spontan", berichtet der Pressechef des Landesliga-Dritten. Der Absolvent des erzbischöflichen Studienheims St. Bernhard in Rastatt hat seine Bibel-Festigkeit genutzt und im Alten Testament Ermutigendes gefunden: Mit einer Steinschleuder brachte gemäß Samuel 1, Kapitel 17 David den Riesen Goliath zur Strecke.

Damit die Geschichte auf dem Campus in der Tiergartenstraße 124 anders ausgeht, hatte der Favorit um zehn Trainingsbälle gebeten. "Wir wollten sie in Heidelberg abholen, aber uns wurde gesagt, dass am Wochenende keiner vor Ort sei", ergänzt Yannik Barwig den Beitrag in der RNZ-Montagausgabe übers "Ballaballa". "Bei den Profis ist das üblich", sagt der sympathische Waldhof-Pressesprecher. "Wir selbst haben 15 Bälle nach Leimen gefahren, wo sich Holstein Kiel auf das Pokalspiel in Mannheim vorbereitet hat."

Geholfen hat es nicht. Der Waldhof besiegte den Zweitligisten mit 5:3 im Elfmeterschießen. "Wir ziehen daraus, ebenso wie aus unserem überraschenden Pokalsieg gegen Eintracht Frankfurt die Lehren. Wir werden Neuenheim nicht unterschätzen", betont Barwig. Der 25-jährige Heidelberger, seit zwei Jahren beim Drittligisten, davor bei den MLP Academics, hat die kürzeste Anreise: Von der Neugasse, wo er Nachbar der RNZ ist, nach Neuenheim, wo das "Spiel des Jahres" stattfindet.

RNZ vom 06.09.2022, Seite 26