Protestbrief an die RNZ

Bearbeitung von Spielberichten in der RNZ

Lieber Herr Eller,

ich schätze Sie als eine Edelfeder, die dem Sport im allgemeinen und dem Fußball im besonderen mit der feinen Klinge und nicht mit dem groben Schlachtermesser begegnet. Und auch Ihre Kollegen in der Redaktion verstehen ihr Handwerk - vor allem, wenn sie selber schreiben.

Allerdings lebt die Sportberichterstattung einer Regionalzeitung nicht nur von der großen Bühne der Bundesliga und Championsleague, sondern auch und vor allem von der Lokalberichterstattung. Sie kommt von einer Basis, ohne die auch ein Monopolblatt wie die RNZ nicht existieren könnte. Woche für Woche geben in den unteren Amateurligen Hunderte von Spielern ihr Bestes für ihren Verein. Kein Fernsehteam würde sich nach Rettigheim, Baiertal oder Neuenheim verirren, um die auf den Hart- und Rasenplätzen des Fußballkreises Heidelberg durchaus bemerkenswerten Leistungen festzuhalten.

Das einzige, was deren fußballerische Aktivitäten auch für eine interessierte Öffentlichkeit dokumentiert, was sie ein bißchen aus der Anonymität herausholt, sind die montäglichen Spielberichte in der Regionalzeitung. Verfaßt von Menschen, die einen erheblichen Teil ihrer Freizeit dafür opfern, sie der RNZ zu übermitteln. Keine Edelfedern, aber Leute, die bei aller verständlichen journalistischen Unbedarftheit etwas von dem Sport verstehen, ihn vor allem aber lieben, über den sie Woche für Woche berichten.

Nicht nur ich finde es beschämend, mit welcher Ignoranz die RNZ über diese Bedürfnisse hinwegredigiert. Jeden Montag regen sich eine Menge Lokalsportfans darüber auf, wie mit ihrem Verein, mit der sonntäglichen Leistung umgegangen wird, ob Spieler oder "Pressewarte" (ein blödes Wort). Vor ziemlich genau fünf Jahren, am 11. Oktober 1994, haben Sie mir folgendes geschrieben: "Lieber Kolllege Weisbrod, die Bezirksliga wird sonntags von Sportstudenten betreut, die sich öfters abwechseln. Manchmal  sind auch Übereifrige am Werk. In Ihrem Falle tut mir das besonders leid, denn die JW-Berichte sind etwas Besonderes. Sie sollen und dürfen nicht gekürzt werden. Daran werden wir uns künftig halten."

Danke für die Blumen. Die schmerzlichen Erfahrungen der vergangenen fünf Jahre zeigen mir, daß diese Zusage immer nur phasenweise eingehalten wurde. Es bleibt der Frust: Man gibt sich sonntags Mühe, einen dem Spielverlauf gerecht werdenden, aber eben keinen Nullachtfünfzehnbericht abzuliefern - und findet am Montag das Ergebnis seiner Bemühungen schwarz auf weiß konterkariert. Wo man sich dann erstens fragt, ob einer dieser cleveren Sportstudenten jemals ein Fußballspiel gesehen hat und zweitens, wie er sich anmaßen kann, Texte über Spiele inhaltich (nicht nur stilistisch!) zu ändern, die er selbst mit Sicherheit nicht, dafür aber der Schreiber sehr wohl live erlebt hat. So auch heute wieder - als nicht einmal ideales Beispiel - beim Spielbericht von der Bezirksliga-Partie ASC Neuenheim gegen SV Waldhilsbach. Zum Vergleich faxe ich Ihnen anbei den Originalbericht und den Stummeltext in der RNZ.

Platzprobleme? Da kann der ASC Neuenheim der RNZ gerne helfen. Indem er nämlich überhaupt keine Berichte mehr liefert.Damit Sie mich nicht mißverstehen: Es geht mir nicht um eine Lex Weisbrod. Solche Eitelkeiten habe ich nicht nötig. Es geht mir um einen  fairen Umgang mit der ehrenamtlichen Arbeit Ihrer freien Mitarbeiter - und um das Recht der Amateure auf eine adäquate Berichterstattung. Und Sie können sicher sein: Das ist keine Einzelstimme. Der Unmut über die RNZ wächst stärker als Sie denken!

In diesem Zusammenhang ein Tip: Wenn die RNZ schon keinen Raum in der Printausgabe hat: Der Cyberspace kennt keine Engpässe. Warum spielt die RNZ im Lokalsport nicht mit ihrem Online-Auftritt Doppelpass? Think global, act local! Gerade für eine Regionalzeitung eine verdammt gute Devise! Was ich in jeder überregionalen Tageszeitung und in jeder dpa-Meldung finde, macht nicht den USP von rnz-online aus. Sondern das, was die Menschen in der Region bewegt. Und da gehört der Lokalsport dazu wie das Schloß und der Neckar zu Heidelberg.

Nach über sieben Jahren lückenloser Sportberichterstattung meist aus der Bezirksliga - und da wird weiß Gott ein Fußball gespielt, der mehr als 15 Zeilen pro Woche in der RNZ verdient - habe ich keinen Bock mehr, mir von übereifrigen Sportstudenten die Butter vom Brot nehmen und das montägliche Frühstück verderben zu lassen. Ein Ärgernis, daß zum Beispiel regelmäßig unsere Internet-Adresse www.asc-neuenheim-de gestrichen wird! Als wäre dies eine Schmuddel-PR! Oder fürchtet die RNZ etwa um ihre Klientel?

Wenn sich nichts ändert, räume ich der RNZ lieber den Platz ein, um den ich nun schon wie Don Quichote gegen die Windmühlen seit Jahr und Tag kämpfen muß. Daß die JW-Berichte zu lang oder gar langweilig seien - das haben jedenfalls wohl noch nicht viele RNZ-Leser behauptet.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit und beste Grüße

Joseph Weisbrod