Talente gibt's im Heidelberger Fußball wie Sand am Meer

Beim Tag des Hallenfußballs wurde die These vom dahinsiechenden deutschen Fußballsport eindrucksvoll wiederlegt

Von Claus-Peter Bach

Heidelberg. Die E-Jugendlichen des SV Sandhausen, die D-Jugendlichen des FV Nußloch und die C-Jugendlichen der Spielgemeinschaft SG Kirchheim/Union Heidelberg sind Hallenmeister des Fußball-Kreises Heidelberg und haben sich für die badische Meisterschaft am 27.128. Februar und 6.17. März in der Nibelungenhalle von Walldürn qualifiziert . "Ich bin sicher, daß diese drei Mannschaften dort gut abschneiden werden", blickt Heidelbergs Kreisjugendleiter Rolf Ritter dem aufschlußreichen Kräftemessen mit den Meistern der anderen badischen Fußball-Kreise zuversichtlich entgegen.

Der 52jährige Rektor aus Schönau, seit fast sieben Jahren umsichtiger Leiter der Jugendarbeit im Fußball-Kreis Heidelberg, ist stolz darauf, daß Vereine seines Kreises seit vielen Jahren bei den badischen Meisterschaften stets im Vorderfeld zu finden sind. Im vorigen Jahr hatte die C-Jugend des SV Sandhausen die badische Meisterschaft geholt, die E-Jugend des FC Astoria Walldorf war Dritter, die D-Jugend der SG Viktoria Mauer Vierter.

Überhaupt: Um den Nachwuchs brauchen sich die Vorsitzenden der 71 Vereine im Fußball-Kreis Heidelberg keine Sorgen zu machen. Die gut 500 Zuschauer beim Tag des Hallenfußballs im Heidelberger Sportzentrum Nord durften sich davon überzeugen, daß es in den zwölf am Endspieltag beteiligten Mannschaften jede Menge Talente gibt, die nicht nur mit bewundernswertem Mut rennen und kämpfen können, sondern auch ganz prima mit dem Ball umgehen.
Der kleine Christoph im Team der SG DJK/FC Ziegelhausen beispielsweise trug seine Rückennummer l0 mit Stolz, betätigte sich zur Freude seines Trainers Frank Kirgies und seines Vaters Gernot Jüllich aber auch als vorbildhcher Spielmacher und Mannschaftsspieler. "Bei uns im Verein werden die Kinder hervorragend betreut. Dieser junge Trainer beschäftigt sich täglich mit den Spielern und bringt ihnen auf spielerische Weise unheimhch viel bei. Vor allem: Die kicken nicht nur gemeinsam, sondern probieren auch andere Spiele und gehen sogar zusammen zur Bundesliga", lobt der Oberliga-erfahrene Trainer Jüllich, was da in der Jugendabteilung eines Bezirksliga-Vereins am Wachsen ist.

Die SG DJK/FC Ziegelhausen ist aber nur ein Beispiel für gute und engagierte Jugendförderung, bei der auf praktische Weise die These vieler Profi-Trainer widerlegt wird, daß es im deutschen Fußball keine Talente mehr gäbe. "Das ist totaler Quatsch", sagt auch Rolf Ritter. "Sogar in unserem kleinen VfB Schönau gibt es wirklich talentierte Jugendliche, die man nur richtig fördern muß, um sie zu guten Spielern zu entwickeln. Leider aber fehlt es vielen kleinen Vereinen an Geldmitteln und an genügend qualifizierten Übungsleitern", nennt Ritter die primären Probleme.

Zwar bietet der Badische Fußball-Verband (BFV) alljährlich an der Sportschule Schöneck einige Aus- und Fortbildungskurse für Übungsleiter und Trainer an, doch nicht immer werden diese Kurse von den talentiertesten Trainern besucht, nicht immer sind sie ausgebucht. Deshalb haben Rolf Ritter und seine Mitstreiter im Kreisjugendausschuß inzwischen damit begonnen, Fortbildungen in Heidelberg anzubieten, "denn nicht jeder Trainer hat Zeit und Lust, ganze Wochen in Schöneck zu verbringen."

Für einen Mann war am Samstag kurz nach 18 Uhr Feierabend. Harald Stadler, ein 46jähriger Technischer Zeichner aus Ziegelhausen, ist als Hallenspielleiter im Jugendausschuß der Motor dieser Meisterschaften, an denen sich im Winter 1998/99 nicht weniger als 397 Mannschaften - das ist Rekord! -beteiligt haben. Auch die kleinsten Vereine des Kreises Heidelberg widmen sich der Jugendarbeit und haben Mannschaften gemeldet, was für Harald Stadler zur Folge hatte, daß er "den ganzen August tagtäglich zwei bis drei Stunden und alle Wochenenden" mit der Planung der Saison beschäftigt war. Als die beiden Schiedsrichter Natalie Hessenauer und Hans-Dieter Krieg vom VfB Rauenberg, die sich die Leistung der zwölf Finalspiele geteilt hatten, das letzte Endspiel beendet und die Zuschauer den leckeren Kuchen, den der gastgebende ASC Neuenheim im Foyer anbot, verzehrt hatten, klappte Harald Stadler sein dickes Hallenspielbuch zu und lud seine Gattin zum Abendessen ein.

Der Tag des Hallenfußballs war aber nicht nur von routinierten Erwachsenen wie Rolf Ritter, Herbert Franz oder Harald Stadler zu einem Erfolg gestaltet worden. Den Kassendienst im Sportzentrum Nord hatten Thomas (11), Christoph (11), Christian (11) und der zehnjährige Alex vom ASC übernommen, die wie die Luchse aufpaßten, daß kein Erwachsener den Tribünenbereich betrat, ohne seinen kleinen Obolus entrichtet zu haben. "Das Geschäft läuft", verkündete Thomas auf Anfrage der RNZ und schickte seinen Kollegen Alex umgehend hinter einem bärtigen Mann her, der sich gratis in die Halle mogeln wollte. Was die Vier von der Kasse durch ihren Einsatz erwirtschaftet haben, soll "der Jugend in unserem Verein zugute kommen", sagte Christoph und dachte dabei gewiß nicht an jene Auswüchse der Jugendarbeit, die es leider auch in dem einen oder anderen Heidelberger Verein gibt.

Oft sind es aber nicht die Klubs, sondern die allzu ehrgeizigen Eltern, die ihre Kinder nicht nur aus Spaß an der Freud' Fußball spielen lassen. "In einem Klub gibt es einen l3jährigen, der schon viermal den Verein gewechselt hat", schüttelt Rolf Ritter nachdenkhch den Kopf - und wird beinahe wütend, als er diese Geschichte erzählt: "Als kürzlich ein Jugendlicher wegen Beleidigung eines Schiedsrichters geperrt werden mußte, kam der Vater an und drohte uns mit dem Rechtsanwalt." Die weniger schönen Seiten des Themas Jugendfußball können die schönen Eindrücke von diesem Tag des Hallenfußballs aber nicht trüben. Nicht alle Akteure haben gewinnen können, aber alle haben ihr Bestes gegeben.
 

RNZ vom 15.Februar 1999