Damit ist der ASC "Anatomie-Sportclub" Neuenheim zur Zeit die zweitstärkste Fußballmacht in der Stadt Heidelberg hinter dem Oberliga-Aspiranten SG Kirchheim. Daß sportlich beim ASC die Chemie stimmt, ist nicht zuletzt dem zu Beginn der Saison 1997/98 als Spielertrainer verpflichteten Diplom-Chemiker und A-Lizenz-Inhaber Holger Zimmer zu verdanken, den der ansonsten nicht zu Superlativen neigende ASC-Chef als "Riesen-Glücksgriff" bezeichnete. Positiv wertete Werner Rupp auch den Umstand, daß inzwischen nicht weniger als acht Eigengewächse in den Neuenheimer Seniorenteams die Fußballstiefel schnüren. Da der ASC für die laufende Saison keine A-Jugend melden konnte, wurden fünf Nachwuchsspieler in den Seniorenkader integriert. Sie bewähren sich in der von Co-Trainer Thomas Knödler betreuten Reservemannschaft oder zählen gar, wie Mittelfeld-Talent Michael Traut, bereits zur ersten Mannschaft. Die Neuenheimer Jugendarbeit trägt also Früchte. Zum Leidwesen der Verantwortlichen agieren Senioren- und Jugendteams des ASC noch auf getrenntem Terrain - ein Standort-Problem, das für Rupp oberste Priorität hat: "Als Verein, der den Namen Neuenheim trägt und gut repräsentiert, würden wir auch gerne in diesem Stadtteil spielen". Nach dieser zentralen Platz-Frage vergaß Rupp nicht, den für den ASC Neuenheim pfeifenden Schiedsrichtern Burkhard Kunzmann und Volker Prior für ihr vorbildliches Engagement zu danken.
Die finanzielle Kehrseite der ASC-Medaille sieht allerdings nicht so rosig aus wie die sportliche. Hier leidet der Anatomie-Sportclub immer noch unter den gravierenden Einschnitten, die der vom Heidelberger Studentenwerk ohne Rücksicht auf Verluste durchgesetzte Exodus des "Heidelberger Mediziner-Fasching" aus der Zentralmensa im Neuenheimer auf der Einnahmen-Seite für den jungen Verein bedeutete. Obwohl der "Mediziner-Fasching" in der Rhein-Neckar-Halle in Eppelheim eine professionelle neue Heimat gefunden hat, leckt der Anatomie-Sportclub heute noch an den Wunden, die durch den mehrfachen unfreiwilligen Umzug der einst regional größten und beliebtesten Faschingsfete in die Vereinskasse gerissen wurden.
Mit ungewöhnlichen Events und neuen Ideen möchte der ASC seine Finanzen konsolidieren. So stellte ASC-Präsident Werner Rupp eine repräsentativ gestaltete Stammaktie vor, deren zunächst mehr ideeller Gegenwert Anteile am Anatomie-Sportclub Neuenheim sind. Die ersten ASC-Aktionäre gibt es bereits. Mit 500 Mark Mindesteinlage ist der interessierte Anleger dabei. Auch der ASC-Förderkreis "Club der Gelben Barone" spült jährlich einige tausend Mark in die klamme "Vereins-Bank".
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge blickte Jugendleiter Eike Rietzel auf die Nachwuchsarbeit zurück. Rekordverdächtige 17 Mannschaften jagen in der Spielgemeinschaft ASC Neuenheim/TSV Handschusheim dem runden Leder nach. Mit bemerkenswertem Erfolg: 1997 wurde die C-Jugend Kreispokalsieger. Die B-Jugend schaffte den Aufstieg in die Kreisliga. Die C-Jugend, neben Mannschaften wie SV Waldhof-Mannheim und SV Sandhausen inzwischen eine feste Größe in der höchsten Jugendklasse, und die D-Jugend erreichten bei den diesjährigen Hallenkreismeisterschaften jeweils das Halbfinale. Das weinende Auge: Der bis zum persönlichen Limit engagierte Trainer- und Betreuerstab ist trotz tatkräftiger Unterstützung verschiedener Eltern für eine solch große Zahl von Jugendteams zu klein und braucht dringend frische Kräfte.
Von den Kids zu den Oldies lenkte AH-Leiter Werner Rehm die Aufmerksamkeit des etwa 40köpfigen Auditoriums, als er das vielfältige sportliche und gesellschaftliche Treiben der "Alten Herren" würdigte. AH-Kapitän und Finanzleiter Max-Peter Gantert vermittelte schließlich einen detaillierten Überblick über "Soll und Haben" im ASC-Geschäftsjahr 1997, wobei er im Einklang mit seinen Vorstandskollegen einen strikten Sparkurs propagierte. Unter der Moderation von Wahlausschuß und Gründungsmitglied Dr. Lutz Kosztrewa wurde der Vorstand - nach der fast einstimmigen Entlastung - ohne Gegenstimmen gewählt: Erster Vorsitzender Dr. Werner Rupp, Zweiter Vorsitzender Erich Fey, Finanzleiter Max-Peter Gantert, Pressereferent Joseph Weisbrod, Beisitzer die Brüder Rolf und Werner Rehm, der Bernd Fischer ablöste. Jugendleiter bleibt Eike Rietzel. Neue Kassenprüfer sind Helmut Hauck und Thomas Vobis. Fazit: Trotz mancher Sorgen hat der ASC Neuenheim allen Grund, seinen 20. Geburtstag am 30. Mai 1998 in aller Ausgelassenheit zu feiern - vielleicht sogar mit der Bezirksliga-Meisterschaft als Krönung.
Joseph Weisbrod