15 jähriges Jubiläum

Am Anfang hartes Brot

Vor 15 Jahren gegründeter ASC Neuenheim kämpft mit Vorurteilen

Heidelberg. Dramatische Szene aus einem Fußballturnier bei den Freien, Turnern im Kirchheim: Zwei Spieler steigen zum Luftkampf. hoch und prallen krachend mit den Köpfen zusammen. Einer der beiden Kontrahenten geht blutend zu Boden. Nun zeigt sich, wie nützlich es ist, ein paar Mediziner in der Mannschaft zu haben. Prof. Dr. Wolf-Georg Forssmann, das Verletzungsopfer, fackelt nicht lange und läßt sich von Libero Dr.Walter Herzog die klaffende Platzwunde nähen. Die Stiche sind schmerzhaft, denn eine Narkose lehnt der damalige Leiter des Anatomischen Instituts Heidelberg entschieden ab - um zwei Stunden später, beim nächsten Turnierspiel "seines" Anatomie-Sportclubs, wieder mitmischen zu können.Diese Anekdote aus der Pionierzeit ist symptomatisch für das Engagement und den Idealismus, mit dem sich die Aktivisten der ersten Stunde für "ihren" ASC einsetzten.

Inzwischen sind genau 15 Jahre vergangen, seit die RNZ am 17. August 1938 den soeben gegründeten ASC Neuenheim unter der Fußballfieber befallen" der Öffenthchkeit vorstellte. Hinter der 1205 im Vereinsregisters des Amtgerichtes Heidelberg verbarg sich ein für die lokale Sportlandschaft durchaus exotisches Gewächs. Das lag nicht nur daran daß u. a. ein Afrikaner, ein Amerikaner, ein Jordanier. ein Italiener und zwei Griechen das ASC-Trikot trugen. Es war auch keineswegs selbstverständlich, daß ein Haufen fußballverrückter Doktoranden; Assistenten, Institutsangestellter und Medizinstudenten mit einem leibhaftigen Professor als Trainer auf profane Punktejagd. in der Heidelberger Kreisliga ging.

Rein sportlich betrachtet, war das Brot der frühen Jahre ääußerst hart. Mehr als einmal mußten die kickenden Akademiker mit dem süffisenten Kritikerurteil vorlieb nehmen, die Anatomen seien am Skalpell weitaus sicherer als am Ball. Die erste Punkterunde verlief ernüchternd 3:49 Punkte, 16:98 Toren standen am Ende der Saison 1978/79 auf dem Minuskonto. Doch 1angsam, aber stetig ging es aufwärts. Ein historisches Datum war dei 23.3.1980, An jenem Sonntag, fast zwei Jahre nach der Vereinsgründung, schlug der ASC den TSV Gauangelloch mit 2:1 und feierte den ersten Sieg in einem Pflichtspiel mit einer denkwürdigen Fete. Ende der Saison 1980/81 trug Neuenheim erstmals nicht mehr die schwere Bürde der "roten Laterne". Damit begann der Beliebtheitsgrad als uneigennütziger Punktelieferant für Gegner aller Art zu sinken. Nach der Devise "Wer unten raus will, muß nach oben gucken" orientierte sich der Verein unter der ehrgeizigen und umsichtigen Führung von "Mr. ASC", Dr. Wemer Rupp, immer selbstbewußter Richtung Tabellenspitze. Pünktlich zum zehnjährigen Bestehen konnte der ASC auf den größten Erfolg in der Vereinsgeschichte anstoßen: die Meisterschaft in der Saison 1983/88 und den Aufstieg in die Heidelberger Kreisliga A.

Nicht nur durch die Leistungen der Seniorenmannschaften hatte sich der junge Verein im Fußballkreis Heidelberg Anerkennung und Achtung erworben. Die Verantwortlistellten früh die Weichen für eine systematische Nachwuchsarbeit. Bereits 1985 wurde der ASC mit der Sepp-Herberger-Urkunde "für eine besonders bemerkenswerte Jugendarbeit" ausgezeichnet Zwei Jahre später sorgte die F-Jugend für Aufsehen; als sie die Hallen-Kreismeisterschaft erkämpfte und bei der badischen Meisterschaft erst im Endspiel dem scheinbar übermächtigen SV Waldhof Mannheim knapp unterlag.Ein Blick in den neuen "Jugendreport" des Fußballkreises Heidelberg zeigt, daß der ASC in der letzten Hallenrunde mit acht Teams die meisten Jugendmannschaften im Einsatz hatte, die durchweg im vorderen Tabellendrittel oder gar - wie die vom umtriebigen Jugendleiter Eike Rietzel betreute D 1 - ganz vorne landeten. Und noch ein Beleg für die produktive Jugendarbeit: Abgesehen von einer A-Jugend ist Neuenheim in der Saison 1993/94 in allen JugendMassen mit eigenen Mannschaften vertreten.

Doch zurück zur ersten Mannschaft: Im gar verflixten 13. Jahr seines Bestehens schaffte der ASC die zweite Meisterschaft, dieses Mal in der Kreisliga A, und stieg damit - 1991 - in die Bezirksliga auf. Dort behaupteten die Neuenheimer sich mit einem fünften und einem siebten Tabellenplatz mehr als achtbar. In der gerade begonnenen Punkterunde soll mit Trainer Reimund Disch, der bereits in der dritten Saison vorbildliche Arbeit bei dem Bezirksligisten leistet, nach Möglichkeit eine Verbesserung dieser Plazierungen erreicht werden. Mit besonderer Genugtuung erfüllt die Neuenheimer, daß mit den vielversprechenden Youngstern Stefan Funk und Arne Rietzel erstmals zwei echte ASC-Eigengewächse zum Bezirksligakader gehören.

Großen Anteil an der kontinuierlichen Aufwärtsentwicklung haben Dr. Werner Rupp, Gründungsmitglied und seit nunmehr vierzehn Jahren Vorsitzender des ASC, und Erich Fey, der langjährige zweite Vorsitzende, die ein eingespieltes Tandem bilden. Ein weiteres Indiz für die Kontinuität im Verein ist die Tatsache, daß die aktuellen Vorstandsmitglieder durchweg bereits in der Anfangszeit dabei waren. Alles in allem hatte die vielköpfige ASC-Familie, zu der auch eine sehr aktive AH-Abteilung zählt, also gute Gründe, ihren 15. Geburstag bei einem abwechselreichen Jubiläumsfest im Juni ausgiebig zu feiern.

Übrigens: Seine erste Meisterschaftsrunde trug der ASC Neuenheim auf dem Hartplatz im Bundesleistungszentrum aus. Vielleicht gelingt es dem Verein ja eines Tages, zu seinen Wurzeln im Neuenheimer Feld zurückzukehren. Dann allerdings auf eine Sportanlage, die die Senioren- und Jugendmannschaften des Vereins gemeinsam nutzen können.

Joseph Weisbrod