Deutschland - Tschechien 1:2 (1:1)

Zu wenig

In einer Begegnung, die Endspielcharakter besaß, verschenkte das DFB-Team die komplette erste Halbzeit. So kam die mit Reservisten gespickte Elf Tschechiens zu einem 2:1-Erfolg, der für Deutschland das EM-Aus brachte.

Ein Spiel mit klarer Rollenverteilung: Tschechien war bereits durch, konnte seine Stars für das Viertelfinale schonen und Spielern aus der zweiten Reihe Spielpraxis gewähren. Deutschland hatte es in der Hand, mit einem Sieg ebenfalls die Runde der letzten Acht zu erreichen. Völler stellte in der Abwehr auf Dreierkette um und bot, wie im Auftaktspiel, mit Kuranyi nur einen Stürmer auf. Ernüchterung indes gleich nach dem Anpfiff - die Deutsche Elf ließ jegliche Entschlossenheit vermissen. Standfußball und Quergeschiebe, untypisch bei den anderen Partien dieser EM, bestimmten die Szenerie. Die Tschechen hielten sich zurück, kamen aber bereits nach vier Minuten gefährlich vors Tor. Kuranyi (!) verhinderte im Fünfmeterraum Schlimmeres gegen Jiranek. Erst nach zwanzig Minuten trat die DFB-Auswahl etwas druckvoller auf. Am linken Flügel wurde der Ball erobert und schnell auf den am Sechzehner stehenden Schweinsteiger gespielt. Der ließ das Leder maßgerecht für Ballack abtropfen, dessen fulminanter Schuss die überraschende Führung für Deutschland brachte. Nun lief der Ball flüssiger durch die deutschen Reihen, doch der positive Ansatz wurde alsbald erstickt. Nach einem Foul an Marek Heinz schnappte sich der Ex-Hamburger den Ball und zirkelte ihn aus halbrechter Position, 25 Meter Torentfernung, unhaltbar für Kahn in den Winkel (29.). Unfähig diesen Gegenschlag wegzustecken, verlor Deutschland den scheinbar gefundenen Faden wieder und war bis zum Pausenpfiff auf dem Platz zwar körperlich anwesend, aber ohne Wirkung.

Mit dem öffentlich schon lange geforderten Lukas Podolski als zweite Spitze kehrte die DFB-Elf zurück und legte sofort ein höheres Tempo vor. Meist über links von Philipp Lahm initiiert, erspielte sich das Völler-Team endlich eine Reihe guter Torchancen (Schneider 52./ Ballack 56. und 63.). Sehr viel Pech für den starken Michael Ballack in der 66. Minute, als sein Schuss nur gegen den linken Pfosten knallte. Schneider nahm den Abpraller volley, aber Tschechiens Keeper Blazek boxte das Leder aus der Gefahrenzone. Deutschland setzte nach und hatte erneut durch Schneider (71., Kopfball übers Tor) eine Riesenchance. Direkt danach, im Anschluss an eine Ecke, scheiterte Wörns mit einem Kopfball am auf der Linie klärenden Hübschman. Podolskis Nachschuss wurde von Blazek abgewehrt. Das befreiende 2:1 wollte nicht fallen, statt dessen schlug der eingewechselten Milan Baros mit einem Kontertreffer zu. Er behauptete sich gegen Wörns und Nowotny und zog ab. Kahn hatte keine Chance, das Leder kontrolliert zu parieren, konnte sich nur noch in den Schuss werfen. Der Ball prallte Baros wieder vor die Füße, und der schob zum 2:1, der Entscheidung, für Tschechien ein (74.). Anerkennenswert, das weiterhin erkennbare - wenn auch nicht mehr mit zwingende - Bemühen der Deutschen Elf bis zum Abpfiff. Dieser Einsatz wäre allerdings schon von der ersten Minute an erforderlich gewesen.


Mi 23.06.2004, 20:45 Uhr in Lissabon
EM 2004, Finalrunde Gruppe D
46.400 Zuschauer - Schiedsrichter: Terje Hauge (Norwegen)

Deutschland - Tschechien 1:2 (1:1)

Deutschland
 
Oliver Kahn
Arne Friedrich
Jens Nowotny
Christian Wörns
Philipp Lahm
Bernd Schneider
Torsten Frings (46. Lukas Podolski)
Dietmar Hamann (79. Miroslav Klose)
Bastian Schweinsteiger (86. Jens Jeremies)
Michael Ballack
Kevin Kuranyi
 

Tschechien
 
Jaromir Blazek
Martin Jirßnek
René Bolf
Tomßs Galßsek (46. Tomßs Hübschman)
David Rozehnal
Stepan Vachousek
Pavel Mares
Jaroslav Plasil (70. Karel Poborský)
Roman Tyce
Vratislav Lokvenc (59. Milan Baros)
Marek Heinz
 
Trainer: Rudi VöllerTrainer: Dick Advocaat
Tore
 
1:0 Michael Ballack 21. (Linksschuss, Schweinsteiger)
1:1 Marek Heinz 29. (Freistoß)
1:2 Milan Baros 74. (Rechtsschuss)