Im Fußball ist eine Revolution in Sicht

Weil wegen Corona die Spielpause verlängert wird, könnte es im nächsten Jahr in einigen Ligen eine Auf- und Abstiegsrunde geben

Von Wolfgang Brück

Heidelberg. Stephan Anweiler und Gregory Knoof hatten bis zuletzt Hoffnung. Anweiler, der Sportlicher Leiter von Kreisliga-Spitzenreiter FV Nußloch, weil er weiß, dass Sport das Immunsystem stärkt. Knoof, der ehemalige Deutsche Meister und Jugendtrainer des FC-Astoria Walldorf, weil er fürchtet, dass Kinder in ihrem Bewegungsdrang gebremst werden.


(Foto: vaf)

Doch letztlich kam es, wie es zu erwarten war: Der Badische Fußballverband (bfv) trägt der Konferenz der Bundeskanzlerin und Ministerpräsidenten Rechnung. Die seit Ende Oktober für alle Amateurfußballer geltende Pause wird bis zum Jahresende ausgedehnt. Von der Oberliga bis in die Jugendklassen hat nun auch offiziell die Winterpause begonnen. Das gilt auch für den Trainingsbetrieb.

"Mir ist zwar keine Ansteckung auf dem Fußballplatz bekannt, aber wir wollen es gar nicht soweit kommen lassen, zudem bergen soziale Kontakte um den Fußball herum immer ein gewisses Risiko", sagt bfv-Präsident Ronny Zimmermann. Die Konsequenz aus der Entscheidung von gestern: Mit jeder weiteren Verzögerung schwinden die Hoffnungen auf eine reguläre Runde. Zimmermann: "Die große Frage ist jetzt, nicht wie, sondern wann es weitergehen wird."

Optimisten hoffen auf Mitte oder Ende Januar. Nur dann und das vermutlich auch nur in Ligen mit einer geringen Zahl von Mannschaften bestehe eine Chance, Hin- und Rückrunde wie geplant auszutragen, meint der für den Spielbetrieb zuständige Vize-Präsident Rüdiger Heiß aus Reichartshausen.

Bei einer Fortsetzung am letzten Februar-Wochenende gemäß dem derzeitigen Rahmen-Terminkalender muss man – zumindest in Klassen mit 16 und mehr Mannschaften – Alternativen ins Auge fassen. Der Heidelberger Fußball-Chef Johannes Kolmer aus Hirschhorn rechnet vor: "Bis jetzt sind bereits sieben Spieltage ausgefallen, einige Mannschaften sind mit weiteren zwei oder drei Begegnungen im Rückstand. Selbst bei einem Mittwoch-Samstag-Mittwoch-Rhythmus, was für Amateure nicht zumutbar ist, lässt sich das kaum aufholen." Zumal Corona auch noch im neuen Jahr vorhanden sein wird und Witterungs- und Platzverhältnisse Absagen verursachen können, wie Staffelleiter Frank Wolf zu bedenken gibt.

Einiges deutet nun darauf hin, dass in dieser Saison Meister sowie Auf- und Absteiger bereits nach der Hinrunde – gespielt ist rund die Hälfte – ausgerufen werden. Falls noch Zeit ist, ist anschließend eine Auf- und Abstiegsrunde denkbar. Die in der ersten Serie erworbenen Punkte werden mitgenommen.

Die Vorstellung ist reizvoll. Spiele mit Entscheidungs-Charakter haben in der Vergangenheit viele Zuschauer angezogen und hatten häufig dramatische Verläufe. Deshalb sollte man sich vielleicht auch mit Playoffs beschäftigen.

Ein neuer Paragraf ermöglicht dem Verband Handlungs-Spielraum. Zimmermann und Heiß versichern, dass man die Vereine in die Entscheidungsfindung mit einbeziehen werde. Eine einheitliche Regel für die jeweilige Liga-Stärke wird angestrebt.

Die Meinungen in den Klubs sind – wie schon im Frühsommer in der ersten Corona- Pause zwischen Mitte März und Ende Juni – sehr gemischt. Sie werden natürlich von Interessen geleitet. Einige lehnen "Englische Wochen" in größerer Zahl ab, andere sagen, dass ihnen Wochentagsspiele lieber als Training seien. Eine bemerkenswerte Variante bringt Timo Kretz ins Spiel. Der Abteilungsleiter des TSV Rettigheim würde gerne alles auf Null setzen und mit einer neuen einfachen Runde beginnen. Den Vorschlag hat man beim Vorletzten der Kreisliga derzeit aber noch exklusiv.

Stoff zum Diskutieren wird es reichlich geben. Zumindest in dieser Hinsicht droht keine Langeweile.

RNZ vom 27.11.2020, Seite 23