"Dann stehst du nackig da" Heidelberger Fußball-Kreispokal: Helmut Weber über die Schwierigkeit, einen Verein zu führen – 21 Spieler weg, Trainer Schaede bleibt Von Wolfgang Brück Heidelberg. Wenn Helmut Weber an das Saisonfinale denkt, steigt der Puls beim 78-jährigen Vorsitzenden der Spielvereinigung Neckarsteinach, obwohl die dramatischen Ereignisse schon über sieben Wochen zurückliegen. Die damalige 2:7-Niederlage beim Turnerbund Rohrbach war ein Spiegelbild der gesamten letzten Saison. Neckarsteinach begann stark, das 0:0 zur Pause war schmeichelhaft für die Gastgeber. Doch dann glückte Rohrbach ein Doppelschlag – und die Neckarsteinacher fielen in sich zusammen. Mit einer 2:7-Niederlage verabschiedete sich die Spielvereinigung nach zwei Jahren Zugehörigkeit aus der A-Klasse. Gerade mal um zwei Tore war die punktgleiche SG Rockenau besser.Heidelberger-Kreispokal, zur 1. Runde, 2019/20
Seitdem haben 21 (!) Spieler den Klub verlassen. In Neckarsteinach, dem Verein von Lorenz Schmitt, Bernd Vollmer und den Brüdern Ralf und Frank Jeck, drohten die Lichter auszugehen. "Es war unklar, ob es in dieser Saison noch Fußball auf dem Sportplatz im Schönauer Tal geben würde", gesteht Weber. Die Rettung kam aus Hirschhorn. Künftig bilden, neben einer Handvoll Neuzugängen, Spieler der zweiten Mannschaft des FC und der Rest der Spielvereinigung eine Spielgemeinschaft.
Eng dürfte es trotzdem werden für den Absteiger in die B-Klasse, der am Sonntag in der ersten Runde des Kreispokals zu Gast bei der SpVgg Neckargemünd II ist. Der Kader umfasst gerade mal 15 Spieler. Im Winter soll nochmals "aufgeforstet" werden, so Weber. Wenigstens der Trainer ist geblieben, nachdem zuletzt von Peter Werle über Holger Bechtel bis zu Markus Gärtner auch auf der Bank reichlich Bewegung war. Gerade noch drei Stammkräfte stehen Jürgen Schaede zur Verfügung: Torwart Steffen Augsburger, Marvin Rupp und Lars Bittermann. Schaede (48/Foto: Pfeifer) hofft, dass er nicht noch mal selbst die Stiefel schnüren muss.
Einig ist sich der Trainer mit dem Vorsitzenden, dass der Abstieg weniger eine Frage der Qualität, sondern der Mentalität war. "Wir hatten einige Grüppchen, aber keine Mannschaft", bedauert Weber. Die Fraktionen hatten sogar Namen: Die Dilsberger, die Heiligkreuzsteinacher, die Ziegelhäuser. Dorthin wechselte ein Großteil der 21 Abgänge.
Aus seiner Enttäuschung macht Helmut Weber keinen Hehl: "Die Spieler haben von uns alles bekommen: Fahrgelder, Fußballschuhe, Prämien." Bei nur noch zwei Siegen in diesem Jahr kam da allerdings nicht mehr viel zusammen. Wenigstens der Vorstand ist vom Exodus nicht betroffen. Die Führungsmannschaft mit Helmut Weber, Stefan Hach sowie Axel und Frank Schmid behält die Zügel in der Hand.
Dass es in Neckarsteinach nur mit Hilfe einer Spielgemeinschaft weitergeht, liegt für den Vorsitzenden im Trend. "Das wird die Zukunft vieler kleiner Vereine sein", prophezeit Weber. Es sei denn, man findet einen Sponsor. Doch das sei ein zweischneidiges Schwert. Weber: "Denn wenn der keine Lust mehr hat, stehst du nackig da."
"Im Leben sieht man sich immer zweimal", schmunzelt Willy Biehl vor dem Heimspiel amSonntag (17Uhr) am Harbigweg gegen die SpVgg Baiertal. Union scheiterte vor ein paar Jahren in der Relegation zur B-Klasse an Baiertal II. Biehl erinnert sich: "Die haben mit allen Regeln der Kunst ihre Mannschaft stark gemacht." Die Chance auf Revanche ist überschaubar. Die beiden Mannschaften trennen drei Klassen.
Nach neun Jahren in der Staffel West wird Union Heidelberg in dieser Saison im Osten spielen. "Das könnte ein Vorteil sein", glaubt Biehl, "die West-Gruppe ist wahrscheinlich etwas stärker." Der Aufstieg sei aber allenfalls unter den Spielern ein Thema. Biehl: "Wir sind ein Verein, der kein Geld zahlt, bei dem aber allewillkommen sind."
Spieler aus zahlreichen Nationen haben schon das Trikot des Heidelberger Vereins getragen, bemerkenswert viele Spanier sind darunter. Das Trainergespann mit dem 65-jährigen Willy Biehl und dem 60-jährigen Uli Kretz – er war mal Profi bei Arminia Bielefeld – bringt nicht nur viel Erfahrung mit, sondern kann auch auf einen großen Kader von rund 35 Spielern zurückgreifen.
RNZ Heidelberger Nachrichten vom Freitag, 25. Juli 2019, Seite 23