Aufstellung des ASC Neuenheim
|
Tore
1 Karte für Neuenheim
|
Der ASC scheint unter dem S04/TSG1899-Downsyndrom zu leiden: Immer wenn es darauf ankommt, patzt die Mannschaft. Statt beim Tabellennachbarn in Eberbach wie erhofft zu punkten und dem Spitzentrio auf den Fersen zu bleiben, kassieren die Heidelberger beim VfB eine bittere, weil leicht vermeidbare Auswärtsniederlage. Der Verein für Ballspiele demonstriert durch seine defensive Freimaurertaktik von Beginn an, dass er mit einem ballbesitzarmen Unentschieden durchaus zufrieden wäre. Andererseits versäumen es die Anatomen, ihre ständige Initiative und Überlegenheit in Zählbares, sprich: Tore umzumünzen.
Dabei beherzigt der Gast die Praxis der frühen Balleroberung schon weit in der gegnerischen Hälfte. Nur an der konsequenten Abschlussvorbereitung und –vollstreckung hapert es chronisch. Schon in der dritten Minute die erste vielversprechende Gästechance: Angeschnittener Freistoß von Edelhaushilfskraft Mathias Riedesel, im Hauptjob ASC II-Kapitän, auf den langen Pfosten. Der Kopfball des völlig allein gelassenen Torjägers Serdar Özbek streicht über die Latte. Zur Ehrenrettung beider Teams sei gesagt: Der kraterartige Holper-die- Polter-Rasen gestattet keine spielerischen Lösungen wie Kombinationen, Doppelpässe oder Dribblings. Dennoch führt ein feinsinniges Zuspiel von Boris Gatzky in den Strafraum auf Mathias Riedesel fast zur Neuenheimer Führung. Doch der Meister speziell des ruhenden Balls verzieht aus acht Metern (33.).
Während ASC-Torwart Dominic Treiber kaum einmal Intimkontakt mit dem Ball hat, ist sein Pendant Torben Lange vor allem als sciherer Standardfänger nach Freistößen und Eckbällen beschäftigt. Zehn Minuten nach dem Wiederanpfiff des fachlich einwandfreien, wenn auch nicht uneitlen Schiedsrichters Jürgen Flad (Billigheim) wäre der aufmerksame VfB-Keeper jedoch leicht zu bezwingen gewesen. Eine rechte Maßflanke von ASC-Verteidiger Daniel Rhein landet vor der Abschussrampe von Serdar Özbek, der solche Idealvorlagen normalerweise gnadenlos zu verwerten pflegt. Normalerweise! Diese Szene ist für den ASC auch deswegen betrüblich, weil der ball- und aufbautechnisch versierte Außenbeherrscher Daniel Rhein sich bei seinem kraftvollen Assist eine Muskelverletzung zuzieht und ausgewechselt werden muss (55.).
Am Spielfeldrand mahnt und treibt Kommunikator Alexander Stiehl sein Team unermüdlich an: "Macht mehr! Bringt Tempo rein!" Wie die Zuschauer ahnt der Neuenheimer Coach, dass der Schuss nach hinten losgehen kann, wenn vorne nix reingeht. Genau das passiert in der 65. Minute. Eberbachs antrittsschneller und wuchtiger Mittelstürmer Zahid Uzun (21) tankt sich auf der rechten Strafraumseite unwiderstehlich gegen die ASC-Phalanx durch, als wäre sie aus Butter, und passt vor der Grundlinie zurück an den Fünfmeterraum. Der eingewechselte Serdar Akdeniz braucht nur noch einzuschieben. Es war der erste nennenswerte Torschuss für die Mannschaft von VfB-Mourinho Max Kümmerling, der – siehe nächster Absatz - noch ein zweites Mal sein glückliches Händchen beweist.
Neuenheim muss nun noch weiter nach vorne rücken und ermöglicht damit den jungen Kümmerlingen, was sie neben Betonanrühren am besten können: Blitzschnell kontern! Der ebenfalls eingewechselte Ex-Eppelheimer David von Geiso trickst bei einem perfekten Gegenangriff die ASC-Restabwehr locker aus und vollstreckt unhaltbar ins lange Eck zum 2:0 (76.). Da die Gäste auch weiterhin den letzen Biss, den schnörkellosen Abschluss vermissen lassen und sich in überflüssigen Zweikämpfen verheddern, bleibt es bei diesem angesichts des Verlaufs sonderbaren Spielstand. Dass die Neuenheimer Spieler bei der "Brandrede" ihres enttäuschten Trainers Alex Stiehl im Kreis nach dem Abpfiff die Köpfe hängen lassen, ist nicht nur wegen der lauten Standpauke verständlich – haben sie sich doch selbst um den verdienten Lohn ihrer eigenen Arbeit gebracht.
Die Personalsorgen vor den beiden nächsten Heimspielen gegen die SG Horrenberg (Ligadritter) und VfB Leimen (Tabellenzweiter) haben sich zu allem Überfluss weiter vergrößert. Kapitän Vincenzo "Juve" Terrazzino, von Caner Tilki in der Abwehrzentrale souverän vertreten, und Dauerläufer Florian Wörner fallen womöglich länger aus, hinter den frisch verletzten Daniel Rhein und Sebastian Prior (ebenfalls angeschlagen ausgewechselt) steht ein Fragezeichen. Immerhin: ASC-Mittelfeldgaucho Juan Pablo Valdez und Torwart Burak Polat saßen nach langer Pause endlich wieder auf der Neuenheimer Bank.
Joseph Weisbrod