Aufstellung des ASC Neuenheim
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Nach dem Duschen die frenetische Jubel-Arie "Spitzenreiter, Spitzenreiter": Soeben haben die ASC-Spieler erfahren, dass Tabellenführer Mühlhausen gegen Aramäischer KSV Leimen überraschend nur Unentschieden gespielt hat. Da der Anatomie-Sportclub Neuenheim 1978 e. V. mit dem höchsten Sieg in der Vereinsgeschichte den Gaiberg erstürmt hat, geht die Mannschaft von Trainer Matthias Hohmann und "Co" Mark Schröder nun als Tabellenführer vor dem bisherigen Dauer-Spitzenreiter aus dem Kraichgau in die viermonatige Winterpause.
Der Zusatz "Kanter" bedeutet "kurzer, leichter Galopp" und charakterisiert einen leichten, mühelosen Sieg (aus dem Englischen "canter"). To win a canter bedeutet also, ein Rennen ganz locker und ohne allzu große Anstrengung zu gewinnen. Und das ist an diesem Nikolaus-Sonntag gelungen. Die Zweibeiner aus Gaiberg sehen gegen die entfesselten neuen (Spitzen-)Reiter aus Neuenheim wenig Land. Nach dem rasanten Aufgalopp steht es bereits nach einer Viertelstunde 0:3 und zur Halbzeit bereits 0:6 für die Gäste.
Doch hier die Chronik eines klassischen Kantersieges. 5. Minute: ASC-Linksaußen Christoph Gebhardt trifft aus halblinker Position hart und eckgenau zum 0:1. 9. Minute: Nach zweimaligem Schussversuch von Mathias Riedesel wuchtet Mittelfeld-Antreiber Simon Erl den Ball mit der hellen Stirn in die SC-Maschen. Angeblich Abseits. 12. Minute: Nach perfektem Zusammenspiel mit Daniel Toma köpft Mathias Riedesel in den Lauf von Christoph Gebhardt, der erneut die Laserkanone zückt und das arme Dring volley ins Netzwerk torpediert. Und ehe die nicht nur von der Trikotfarbe kalkweißen Gaiberger überhaupt den Rubikon der Mittellinie überquert haben, erhöht Riedesel nach grandiosem Fernpass von Patrick Helten auf 0:3 (15.)
Doch die Jagd ist - zum Leidwesen der Gastgeber - noch lange nicht zu Ende. Neuenheim bleibt hungrig-bissig und treibt die Gaiberger mit flexiblem Spielaufbau, gezielten Dolchstößen und konsequentem Pressing weiter in die Enge ihres Geheges. Ein über den Platz gehetzter Dilsberger verliert die Nerven, so dass er wegen einer Verbalinjurie, in der das eigentlich harmlose Wort Idiot (von Idiotes = Privatmann, einfacher Mensch) in fatalem Doppelpass mit dem Attribut "alter" vorkommt, zu Recht die rote Karte durch den besonnenen Schiedsrichter sieht.
Neuenheim kombiniert auf dem kurzen Kunstrasenplatz der frühen Generation weiter schnell, lauffreudig und direkt mit unbändiger Lust am Spielen. 35. Minute: Anatomie-Ironman Andreas Roth köpft mit gnädiger Mithilfe eines Gaiberger Verteidigers zum 0:4 ein. Zwei Minuten später verwandelt Defensivpartner Christian "Locke" Warnemann einen vollendet modellierten Eckball von Simon Erl ebenfalls per Kopf zum 0:5 (37.)
Doch damit nicht genug. Christoph Gebhardt vernascht vier Minuten vor der Glühwein-Pause den bedauernswerten SC-Torwart auf Bierdeckelgröße an der Torauslinie und schiebt den Ball besinnlich wie ein Chorknabe über die Linie. Mit diesem seinem dritten Tor macht Gebhardt Neuenheims halbes Dutzend im ersten Durchgang voll (41.). Nach dem Wechsel hat ASC-Angreifer Tim Thumulka wohl wie weiland Bischof Nikolaus Mitleid mit den Schwächeren und akzeptiert nach einem Kurzschluss-Einwurf auf einen Gegenspieler ohne Murren ebenfalls die rote Karte (50.).
Nüchtern betrachtet, könnte man sagen: Zehn gegen zehn ist genau die richtige Personaldecke für diesen kleinen Spielplatz. In der 57. Minute ein feines Dankeschön an Neuenheims Torwart 1 a. Der von Matthias Hohmann für Stammkeeper Benny Bolich eingewechselte Oliver Amaya hat in der letzten halben Stunde mehr Gelegenheit als sein Vorgänger zu beweisen, dass auch er ein erstklassiger Torhüter ist.
Die Neuenheimer Jagd auf die Zweistelligkeit setzt sich allerdings fort. 58. Minute: Daniel Toma schickt auf der linken Außenbahn den eingewechselten Marco Bräuninger auf die Reise. Der lange verletzte Abwehrmann tankt sich im Stile eines Klassestürmers durch und flankt aus vollem Lauf wunderbar in die Strafraummitte. Dort schnellt erneut Christian Warnemann in die Killerposition und verwandelt mit seinem Goldkopf zum 0:7.
Der unstimmige SC-Männerchor von Trainer-Dirigent Sven Meyer intoniert nun noch inbrünstiger das Adventslied: "Macht hoch die Tür, die Tor macht weit." Und wieder rauscht der Herr der Herrlichkeit heran. 72. Minute: Christoph Gebhardt rennt seinem Gegenspieler wieder mal im gestreckten Galopp auf und davon. Seine präzise Hereingabe verwertet Mathias Riedesel solide zum 0:8. Zwölf Minuten später markiert auch Riedesel - nach Pass von Vincent Schneider - seinen dritten Treffer in diesem einseitigen Spiel (84.) und sein elftes Saisontor. Doch der rasende Gebhardt, der sich auch Gepard schreiben könnte, macht in der 86. Minute einen Quattro Turbo, das 0:10 und damit den absoluten Rekordsieg in der mehr als 30jährigen Neuenheimer Vereinsgeschichte perfekt.
Da der 1. FC Mühlhausen sich gegen Aremäer Leimen zuhause mit einem erstaunlichen 1:1 begnügen musste, hat der ASC Neuenheim mit 39 Punkten nunmehr zwei Zähler Vorsprung auf den immer noch ungeschlagenen Erzrivalen aus dem Kraichgau. Durch diesen Kantersieg hat der neuen Tabellenführer aber nun auch beim Torverhältnis (49:14) gegenüber dem FCM (51:17) mit der Tordifferenz von + 35 (gegenüber + 34) knapp die Nase vorne. Kreisklasse Heidelberg: Der Kampf geht weiter - wenn auch erst im WM-Jahr 2010.
Inposante Actionbilder zum Spiel von Rainer Thumulka gibt's übrigens auf der Homepage www.asc-neuenheim.de.
Frohe Weihnachten!
Joseph Weisbrod
Bilder zum Spiel von Rainer Thumulka
In einer einseitigen Partie deklassierten die Gäste den SC. Ein Gaiberger sah in der 25. Minute die Rote Karte, doch auch Neuenheim dezimierte sich durch einen Platzverweis (60.). Nach Abpfiff sah ein weiterer Gaiberger noch die gelb-rote Karte. Die Tore erzielten Christoph Gebhardt (4), Mathias Riedesel (3), Christian Wannemann (2) und Andreas Roth.
sc