Aufstellung des ASC Neuenheim
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In einem außergewöhnlichen Achtelfinale, das in die Geschichte des Heidelberger Kreispokals eingehen dürfte, schlug der Gast aus Neuenheim den amtierenden Pokalfinalisten ASV Eppelheim nach 3:3-Spielstand am Ende der regulären Spielzeit, 4:4 nach Verlängerung und nach Elfmeterschießen mit 7:8 Toren und zieht dank einer imposanten Gemeinschaftsleistung ins Viertelfinale ein.
Dieses turbulente Pokalderby hatte am Ende fast so viele Tore auf dem Konto wie Xavier Naidoo Strafpunkte in Flensburg. Doch passend zum Kabinenlied der deutschen WM-Helden mit dem Titel "Dieser Weg" hieß es für den gegenüber dem 5:1-Sieg in Dilsberg zwangsläufig auf sechs Positionen veränderten ASC Neuenheim und dessen Gastgeber: "Dieser Weg wird kein leichter sein". Der schwarzweiß gekleidete Gastgeber, durch einen 7:2-Erfolg über die eigene Reserve in die dritte Runde gestürmt, begann mit klinsmanischem Elan und einer Kopfballchance kurz nach dem Anpfiff.
Bereits in der 16. Minute die Führung für den Favoriten. Etwas glücklich, denn nachdem der Schiedsrichter seine falsche Abseitsentscheidung korrigiert hatte, landete der anschließende Schiri-Ball beim Gegner, der die Gunst der Sekunde durch Torminister Oliver Fels knallhart nutzte. Danach schon die Naidoo'sche Steigerung: "Dieser Weg wird steinig und schwer". Als in der 30. Minute ein Eppelheimer auf den Strafraum zulief, wusste ASC-Keeper Rodney Elwick keinen anderen Weg, als aus seinem Kasten zu sprinten. Doch er kam einen kurzen Schritt zu spät und traf den ASV-Angreifer: Rot wegen Notbremse!
ASC-Trainer Dr. Holger Zimmer beorderte nun mangels Torwart-Alternative (Stammkeeper Markus Gamer war beruflich verhindert) seinen Abwehrmann Satnam Gill ins Tor. Und siehe da: Gill machte seinen Job - wie selbstverständlich - glänzend und rettete u. a. gegen Eppelheims starken Neuner grandios per Fußabwehr (40.). Dann der Auftritt von Foaud Haddad. Er erobert einen vermeintlich beim Gegner landenden Pass, vernascht die ASV-Abwehr und wird von Routinier Tobias Vohwinkel im Strafraum von den schnellen Beinen geholt. Fußball ist zwar kein Nonnen-Hockey. Aber dieser Einsatz war doch des Guten zuviel. Vowinkel büßte für seinen Härtefall, da bereits verwarnt, mit der gelbroten Karte. ASC-Stürmer Timo Mifka verwandelte den fälligen Strafstoß wie am Reißbrett ins rechte Eck (44.). So stand es eine Minute vor der Pause wieder pari: Je zehn Rasenmänner, je ein Tor.
Apropos Nonnen-Hockey: Der neue Physiotherapeut des ASC Neuenheim ist kein Geringerer als die einstige Heidelberger Hockey-Legende Carsten Hannemann. Der Ex-Bundesligaspieler des HC Heidelberg bringt auch in seinem Beruf Topleistung und machte den rabiat gefoulten Fouad Haddad wieder postwendend fit. Hannemann trug auch seinen Teil dazu bei, dass die Neuenheimer nach der ersten Halbzeit noch weitere rund 90 Minuten marschieren konnten, und ist - wie Co-Trainer Rudi Nagel - eine absolute Bereicherung für den Aktiven-Stab.
Und wie war das mit "diesem Weg"? Nachdem Torwart-Entdeckung Satnam Gill erneut ein einsames Duell gegen den gefährlichen ASV-Neuner gewonnen hatte, war er kurz darauf machtlos. Eppelheims überragender Zehner Timo Fries, der mit absoluten Spielmacher-Qualitäten beeindruckte, bedankte sich mit einem ansatzlosen Flachschuss ins linke Eck für ein Geschenk des Schiedsrichters. Der hatte zuvor mangels unabhängigem Assistenten statt auf Einwurf für den ASC fälschlicherweise für den ASV entschieden.
Das Xavier Naidoo-Zitat zum Weg zu diesem Tor: "Nicht mit vielen wirst Du Dir einig sein". Vor allem nicht mit dem Schiedsrichter und der jeweiligen Mannschaftsbank. Aber Neuenheim ließ sich vom 1:2-Rückstand nicht von seinem konsequenten Weg abbringen und gab umgehend die passende Antwort. Nach einem Foul am unermüdlich rochierenden Timo Mifka verwandelte Fouad Haddad traumhaft sicher zum 2:2-Gleichstand (63.). Zur Abwechslung verblüffte wieder einmal Aushilfskeeper Satnam Gill mit einer Glanzparade gegen ASV-Rekordtorjäger Oliver Fels (65.).
Der ASC präsentierte sich nun als verschworene, aufopferungsvoll kämpfende und auch spielerisch ebenbürtige Einheit. Rückkehrer David Keller krönte seine Zehn-Kampfleistung, als er sich im Strafraum unwiderstehlich durchsetzte und ASV-Torwart Ralph Förster in dessen Revier mit einem entschlossenen Abschluss keine Haltbarkeitschance ließ (69.). Das durchaus verdiente 2:3 für Neuenheim!
Die Zuschauer ahnten, dass in diesem Wahnsinnsspiel noch nicht die letzte goldene Zeile gesungen und das letzte Tor gefallen war. Der ASV setzte nun alles auf eine Karte. Und wurde für seine tolle kämpferische Einstellung belohnt. Denn irgendwie bugsierte erneut Timo Fries im Strafraum-Guerillakrieg zum vom Eppelheimer Anhang frenetisch bejubelten 3:3-Ausgleich ins Netz. Man schrieb die 80. Spielminute.
Verlängerung nach 90 atemberaubenden Pokalminuten. Nun wurde der Weg ins Viertelfinale zunächst für Eppelheim wieder steinig. Nach einem Pfostenschuss war der famose ASC-Mittelfeldackermann Sebastian Metz zur Stelle und prellte den Ball wild entschlossen aus kurzer Distanz über die Linie: 3:4! Inzwischen war es dunkel geworden über Eppelheim herein gebrochen. Es kam die Phase, in denen den Spielern jeder Schritt weh tat, die Muskeln - trotz Hannemanns Wunderhänden - zu übersäuern und zu verkrampfen drohten.
Doch alle Spieler auf dem Platz gingen bis an ihre Schmerz- und Leistungsgrenzen. Der ASC hatte im Finish mehrfach die Gelegenheit, sich das Elfmeterdrama zu ersparen. Nach blitz schnellen Kontern scheiterten Sebastian Metz (110.) und Timo MIfka (113.) am fantastisch reagierenden Eppelheimer Ober-Förster Ralf. Dem ASV-Chefstrategen und Spielertrainer Rainer Wild war es schließlich vorbehalten, in der 116. Minute den für sein Team glücklichen 4:4-Endstand zu exekutieren.
Beim anschließenden Elfmeter-Showdown trafen mit erstaunlich intaktem Nervenkostüm und bemerkenswerter Schusstechnik: Foaud Haddad, Anthony "Toni" Nwayotalu (furiose Partie nach seiner frühen Einwechslung!), Christian Kunzmann und Timo Mifka zum 7:8-Endstand für den ASC Neuenheim.
Man darf nun gespannt sein, wie der Weg des ASC in die neue Kreisliga-Saison beginnt. Am Sonntag beim SV Waldwimmersbach geht's los mit dem Auftaktspiel. Sicher ist: Der Weg wird kein leichter sein (nicht nur für den führerscheinlosen Xavier). Aber es wird Spaß machen, beim neuen ASC Neuenheim dabei zu sein.
Joseph Weisbrod