Heidelberger Kreispokal, 5.Runde (Halbfinale)
Saison 2004/05

wegen Dunkelheit wurde die Verlängerung nicht angepfiffen. Ein Nachholtermin steht noch nicht fest.

Pokal-TV total in Neckargemünd. Spielstand nach 90 Minuten: 1:1. Langsam breitet sich die Dämmerung überm Neckar aus. Der Gastgeber, von der eigenen guten Leistung bis in die Fußspitzen motiviert, möchte unbedingt die Verlängerung spielen und vom flutlichtlosen Rasen- auf den inzwischen erleuchteten Hartplatz wechseln. Der Schiedsrichter ist dazu bereit, wenn beide Halbfinalisten mit dem unorthodoxen Platztausch einverstanden sind. Der ASC Neuenheim ist es nicht, muss es auch nicht. So sind nun mal die Regeln.

Die ungestüme Folge: Temporäre Rudelbildung. Kurzes Handgemenge. Ausgedehnte Schimpfkanonaden. Neuenheimer Vorstandsmitglieder müssen sich als "Feiglinge", Zigeuner" und "großkotzige Akademiker" titulieren lassen. Alles halb so wild und ja auch irgendwie verständlich. Dabei hätte man aus Erfahrung klug werden können. Denn bereits im September 2004 musste das Kreispokal-Viertelfinale zwischen Neckargemünd und Waldhilsbach in der 100. Minute abgebrochen werden - wegen Dunkelheit.

Um 18.30 Uhr hätte das Halbfinale im Heidelberger Kreispokal im idyllisch gelegenen Neckar-Stadion beginnen sollen. Doch der Schiedsrichter hatte sich verspätet und pfiff die Partie zwischen dem Vierten der Kreisklasse A und dem Neunten der Kreisliga erst gegen 18.45 Uhr an. Letztlich die "unakademische" Viertelstunde, die am Ende fehlte, um die Verlängerung noch bei akzeptablen Lichtverhältnissen austragen zu können. Dass der ASC-Vorsitzende Dr. Werner Rupp den legitimen Entscheidungsspielraum nutzte und vom Recht seines Vereins Gebrauch machte, einer Fortsetzung des Pokalspieles auf einem anderen Belag, nämlich dem Hartplatz, nicht zuzustimmen, kann man ihm kaum zum Vorwurf machen.

Die ganze Aufregung wäre auch nicht entstanden, wenn der ASC nach der frühen Führung in der 5. Minute seine anschließenden hundertprozentigen Chancen genutzt und den Sack bereits in der ersten Halbzeit zugeschnürt hätte. Neuenheims Wirbelstürmer Bobie N`Delly erlief einen wunderbaren, die Abwehr wie mit dem Laserschwert durchschneidenden Pass von Muammer Varol und überlistete den aus seinem Kasten geeilten SpVgg-Keeper. In der 14. Minute passte David Solbrig nicht weniger brillant in die offene Nahtstelle der unkoordinierten SpVgg-Defensive auf den freien Varol, der zwar den Neckargemünder Torwart umdribbelte, sich aber den Ball in letzter Sekunde noch abluchsen ließ.

Weitere neun Minuten später verpasste erneut Muammer Varol eine herrliche Rechtsflanke von David Keller nur um Zentimeter. Neckargemünd war zwar optisch leicht überlegen, hatte mehr Spielanteile und war technisch mindestens gleichwertig, kam aber erstmals in der 40. Minute richtig bedrohlich vor das von Sören Sitter gut gehütete ASC-Beziehungskiste. Da zog Neckargemünds auffälliger Kapitän und unermüdlicher Sturmtank Janosch "Oh, wie schön ist Panama" Prilop entschlossen im Strafraum ab.

Nach dem Wechsel verkrampfte der Anatomie-Sportclub zusehends, gab das Mittelfeld nahezu völlig preis, zog sich weit zurück und schien nicht zu realisieren, dass es hier nicht um das hölzerne Skalpell, sondern immerhin um den Einzug ins Kreispokal-Endspiel ging. Der Effekt: Neckargemünd wurde immer stärker, nutzte seinen Freiraum im Herz-Kreislauf-Zentrum u. a. mit den Antreibern Christan Neckermann und Christoph Hammersdorf immer mutiger und brachte die ASC-Abwehr ein ums andere Mal in Verlegenheit.

Und so überraschte es weder den stimmgewaltigen, fröhlichen Neckargemünder Anhang ("Ihr seid ja so peinlich!") noch die aufgrund der hilflosen Darbietung der eigenen Mannschaft wenig amüsierte ASC-Kolonie, dass der engagierte Gastgeber in der 73. Minute den gerechten Lohn für seine vielfältigen Mühen erntete. Einen Schuss des ebenso hoch gewachsenen wie gefährlichen Angreifers Janosch Prilop konnte Neuenheims guter Torwart Sören Sitter nur vor die Füße von Christian Neckermann abwehren, der sich nicht zweimal bitten ließ und die Kugel schlitzohrig ins leere Tor schlenzte.

Dennoch hätten die Pokalschreck-Musketiere von Trainer Udo Isselhard sich nicht beklagen dürfen, wenn der Tagesordnungspunkt Verlängerung erst gar nicht auf die Agenda dieses Halbfinales gekommen wäre. Der Distanzschuss von Bobie N'Delly ans linke Lattenkreis hätte genauso gut im Neckargemünder Schamdreieck einschlagen können. Und das ganze Theater um die ausgefallene Verlängerung wäre überflüssig gewesen. Aber was wäre der Fußball ohne solche Emotionen?

So gibt es nun die mit Spannung erwartete Neuauflage von "Pokal-TV" - wenn auch ohne Scheinwerferlicht - im schönen Stadion von Neckargemünd. Der Termin für das Wiederholungsspiel ist noch nicht festgelegt und wird rechtzeitig veröffentlicht.

Joseph Weisbrod

N'Delly brachte den Gast in der 4.Minute mit 0:1 in Führung. In der 73.Minute konnten die in der zweiten Halbzeit überlegenen Neckargemünder durch Neckarmann ausgleichen. Nach Absprache beider Vereine sollte das Spiel bei einer Verlängerung auf dem mit Flutlicht ausgestatteten Hartplatz fortgesetzt werden. Doch dazu kam es nicht, da sich ASC-Vorstand Dr. Werner Rupp weigerte, die Begegnung fortzusetzen.

hsch

In dem Spielbericht zum Kreispokal-Halbfinale zwischen der SpVgg Neckargemünd und dem ASC Neuenheim behauptet der Berichterstatter des Gastgebers: "Nach Absprache beider Vereine solle das Spiel bei einer Verlängerung auf dem mit Flutlicht ausgestatteten Hartplatz fortgesetzt werden. Doch dazu kam es nicht, da sich ASC-Vorstand Dr. Rupp weigerte, die Begegnung fortzusetzen."

Diese Behauptung ist falsch. Kein befugter Vertreter des ASC Neuenheim - und schon gar nicht der Vorsitzende Dr. Werner Rupp - hat eine solche Absprache vor der Partie getroffen. Laut Aussage des Neckargemünder Spielführers habe der Neuenheimer "Spielausschuss" einer solchen Vorgehensweise im Falle einer Verlängerung zugestimmt. Fakt ist: Der ASC Neuenheim hat überhaupt keinen "Spielausschuss".

Herr Dr. Rupp hat sich auch nicht als Spielverderber betätigt, sondern für seinen Verein lediglich den legitimen Entscheidungsspielraum genutzt und dem unüblichen Wechsel vom Rasen- auf den Hartplatz nicht zugestimmt. Was sein gutes Recht ist. Letztlich sorgte nicht der Neuenheimer Vorstand für den Spielabbruch nach 90 Minuten, sondern die mangelnde Vorbereitung.

Wäre der Schiedsrichter pünktlich vor Ort gewesen und hätte das Halbfinale nicht erst gegen 18.45 Uhr begonnen, wäre auch eine Verlängerung auf dem flutlichtlosen Rasenfeld bei noch regulären Lichtverhältnissen durchführbar gewesen. Eigentlich hätten die Verantwortlichen es besser wissen müssen: Bereits das Viertelfinale zwischen der SpVgg Neckargemünd und dem SV Waldhilsbach im September 2004 musste in der 100. Minute wegen Dunkelheit abgebrochen werden.

Dass die ASC-Vertreter sich nach dem Spielabbruch als "Feiglinge", "Zigeuner" und "großkotzige Akademiker" titulieren lassen mussten, ist zwar für die Betroffen wenig erheiternd, aber im Eifer des Gefechts verzeihlich.

Nähere Infos zu diesem Pseudo-"Skandalspiel" finden interessierte RNZ-Leser auf der Homepage des Fußballkreises Heidelberg (www.fussball-hd.de) oder des ASC Neuenheim (www.asc-neuenheim.de).

Joseph Weisbrod
Stellv. Vors. ASC Neuenheim