Eines der Grundprinzipien des Journalismus heißt Wahrhaftigkeit. Es sollte auch ehrenamtlichen "Federführenden" nicht ganz fremd sein. Leider muß der aufmerksame Montagssport-Leser immer wieder betrübt, manchmal auch zähneknirschend feststellen, daß die eigentlich selbstverständliche Objektivität der Spielberichterstattung oft der ungenierten Subjektivität der Vereinsbrille zum Opfer fällt. Ein aktuelles Beispiel liefert der "Bericht" über die Landesliga-Begegnung zwischen dem SV Laudenbach und dem ASC Neuenheim in der RNZ vom Montag. Mag ja sein, daß der ASC Neuenheim sich tatsächlich "als die bislang schwächste Mannschaft in Laudenbach präsentierte". Kein Urteil läßt sich bekanntlich schwerer widerlegen als ein Vorurteil - in diesem Fall gegen einen Tabellenletzten, dem man offenbar trotz einer Serie von fünf Spielen ohne Niederlage keine respektable Leistung zugetraut hat. Dabei wird jeder Zuschauer, der die Partie ohne die einseitige optische Korrektur jener bereits erwähnten Sehhilfe verfolgt hat, erstaunt sein über die kühne Diagnose, der ASC Neuenheim "igelte sich in der eigenen Hälfte ein".
Die Wahrheit sollte nicht nur auf dem Platz liegen, sondern auch in der Zeitung stehen: Vom Anpfiff weg verließ der vermeintliche "Igel" namens ASC vielmehr sein Nest und hatte die ersten Einschußmöglichkeiten, bevor Laudenbach überhaupt vor das Neuenheimer Tor kam. Der Gastgeber kann von Glück sagen, daß der Schiedsrichter nach etwa 20 Minuten nicht auf Notbremse erkannte, als der ASC-Stürmer Ralph Brandner allein auf den Laudenbacher Keeper zulief und von hinten umgesäbelt wurde. Auch der Neuenheimer Ausgleich kurz vor Spielende fiel keineswegs "völlig überraschend", wie der Laudenbacher Anonymus frei interpretierte. Das Remis war, was auch einheimische Fans neidlos anerkannten, nach dem couragierten Auftritt des ASC Neuenheim mehr als verdient. Da hat wohl der Frust über den Verlust der (gegen den Tabellenletzten!) fest eingeplanten drei Ostereier die Feder geführt.
Eine Kollegenschelte liegt dem Verfasser fern. Schließlich gehört er selbst zu jener nicht immer beneidenswerten Spezies, die jahraus, jahrein und ohne "Schmerzensgeld" einen Teil ihrer sonntäglichen Freizeit opfern, um sich mit ihren Spielberichten der kritischen Sportöffentlichkeit auszusetzen. Aber ein weiterer "Regelverstoß" darf, da weit verbreitet, in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben: der saloppe Umgang mit der journalistischen Sorgfaltspflicht. So werden zwar die Torschützen der eigenen Mannschaft genannt, die des Gegners aber oft verschwiegen. Da ist der Fauxpas des Laudenbacher Heimautors noch verzeihlich: So sehr dem ASC-Spieler Sebastian Koch der ihm zugeschriebene Ausgleichstreffer zu gönnen gewesen wäre: Das Urheberrecht an dem selten schönen Fallrückzieher à la Klaus Fischer gebührt einem anderen - nämlich Frank Albert.
Joseph Weisbrod
Pressereferent und Vorstandsmitglied des ASC Neuenheim